P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2009 in der Sitzung des Stadtrates am 11.03.09:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr verehrte Damen und Herren,

wie Sie wissen, beginne ich meine Haushaltsreden gerne mit einem Zitat. Heute möchte ich gerne Danny Kaye, einen 1987 verstorbenen US-Schauspieler und Oscarpreisträger zitieren:

„Es gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen: Entweder leistet man wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die Konkurrenz bei weitem nicht so groß.“

Auffällig, dass auch Bürgermeister Borghorst in den letzten Wochen und Monaten nicht müde wurde, die angeblichen „herausragenden Leistungen“ von ihm und der Mehrheitsfraktion im vergangenen Jahr zu rühmen.
Herr Bürgermeister: Ob Sie dadurch noch weiterhin „Karriere“ als Bürgermeister der Stadt Geilenkirchen machen, oder ob Sie diese „Karriere“ vielleicht schon hinter sich haben – diese Frage möchte ich heute nicht klären, da dies im Laufe des Jahres ohnehin von den Wählerinnen und Wählern entschieden wird.
Bereits heute sei es mir aber erlaubt, die Frage zu stellen, mit welche der beiden genannten Methoden Sie und die Mehrheitsfraktion ihre jeweiligen „Karrieren“ fortsetzen wollen:
Leisten Sie wirklich etwas, oder behaupten Sie es nur?

Ein Blick in den Haushaltsplan 2009 kann zur Beantwortung dieser Frage sicher hilfreich sein.
Schaut man sich den Schuldenstand an, so muss man feststellen, dass die Stadt Geilenkirchen zum 31.12.2008 Verbindlichkeiten in Höhe von 18,5 Mio. Euro angehäuft hat. Diese werden sich bis zum 31.12.2009 auf dann 26,4 Mio. Euro erhöhen, so dass die Pro-Kopf-Verschuldung von ca. 650 Euro auf 930 Euro je Einwohner hochschnellen wird - ein Anstieg
um immerhin 43 Prozent!!!

Natürlich werden diese zusätzlichen Mittel ausschließlich für vermögenswirksame Investitionen in so schöne Dinge wie z.B. den Erwerb des Bahnhofsgebäudes (850.000 €), die Umgestaltung eines Teilabschnittes des Stadtkerns (1,1 Mio. €) oder die Anlegung eines Kreisverkehrsplatzes am Knoten Berliner Ring/Heinsberger Straße (320.000 €) verwendet –
aber ist es wirklich eine „Leistung“, dies alles auf Kosten zukünftiger Generationen zu finanzieren?
Immerhin hat Bürgermeister Borghorst selbst in seiner Rede zur Einbringung des Haushalts festgestellt, dass bei der momentanen Tilgungsrate bis zur kompletten Rückzahlung aller Darlehen 23 bis 24 Jahre (!) vergehen werden. Änderungsvorschläge bei den vorgesehen Investitionen von uns und den Oppositionsparteien, die zum Teil zu erheblichen Einsparungen geführt hätten, wurden schlichtweg übergangen. Auch wurden die Bürger nie so richtig gefragt, ob sie dies alles überhaupt haben wollen... Warum auch? Schließlich wissen CDU-Fraktion und Bürgermeister ja auch so, was gut für die Bürger ist – und die 7,9 Mio. Euro Neuverschuldung werden da ja wohl nicht so schlimm sein!
Aber, meine Damen und Herren – die Krönung des „nur behaupten, etwas zu leisten“ haben wir dann am 5. Februar erlebt.
Plötzlich und unerwartet hatte die CDU-Fraktion zuvor angeregt, eine Einwohnerversammlung zum Thema „Innenstadtsanierung“ einzuberufen. Dort hatten dann die erschienenen Bürger – so CDU-Vorsitzender Jansen – die Möglichkeit, ihre Anregungen zur Umgestaltung der Konrad-Adeneuer-Straße einzubringen, denn – so Jansen weiter – es sei noch nichts entschieden. Was er und die CDU aber nicht verraten haben: Die grundsätzliche Planung war zu diesem Zeitpunkt schon längst abgeschlossen und mit den Stimmen der CDU-Mehrheitsfraktion im Rat beschlossen. Lediglich die Ausführungsplanung musste noch vom Rat beschlossen werden.
Mit anderen Worten: Die Bürger durften also noch ein wenig bei der Frage mitentscheiden, mit welchen Fliesen und Straßenlaternen die Planung umgesetzt wird, wie der Kreisverkehrsplatz bepflanzt wird und ob die neugestaltete Konrad-Adenauer-Straße mit 20 oder mit 7 km/h befahren werden darf.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?

Ich möchte nochmals auf die Neuverschuldung zurück kommen: 7,9 Mio. Euro – lassen Sie sich diese Zahl nochmals mit mir auf der Zunge zergehen! Und dann werfen Sie zusammen mit mir einen Blick auf den Gewerbesteuer-Hebesatz! Dieser wird in der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2009 auf 380 von Hundert festgelegt.
Wir erinnern uns: im Zuge der Haushaltsberatungen für das Haushaltsjahr 2008 wurde der Hebesatz im Lichte des damaligen Haushaltsüberschusses auf Antrag der CDU-Fraktion von 400 Prozent auf 380 Prozent gesenkt. Dies war schon damals höchst umstritten und führte dazu, dass die BÜRGERLISTE die Haushaltssatzung 2008 ablehnte – aber zumindest standen damals die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung, um den Steuerausfall in Höhe von rund 400.000 € zu schultern.
Dies ist heute nicht mehr der Fall! Der Haushalt schließt mit einem Defizit von 4,6 Mio. Euro ab! Die Neuverschuldung beträgt – wie eben bereits mehrfach erwähnt – 7,9 Mio. Euro! Und trotzdem verschenken wir weiterhin rund 400.000 Euro an die Gewerbetreibenden – wohlwissend, dass die Absenkung des Gewerbesteuerhebesatzes ganz offensichtlich nicht zu nennenswerten Gewerbeneuansiedelungen geführt hat und dass der Fehlbetrag aufgrund des Haushaltsdefizits in Zukunft von allen Bürgern dieser Stadt aufgebracht und zurückgezahlt werden muss!

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?

Auch wurden andere Chancen, tatsächlich etwas für Geilenkirchens Bürger zu leisten, zuhauf vertan.

Als sich im November die Bürger in Gillrath gegen die Teil-Null-Variante beim Neubau der K3 eindrucksvoll wehrten, zeigten sich Bürgermeister und Mehrheitsfraktion nur all zu gerne solidarisch. Nachdem es die CDU dann aber bedauerlicherweise nicht schaffte, ihre eigene Kreistagsfraktion auf eine gemeinsame Linie zu bekommen, herrschte zunächst Ratlosigkeit.
Medienwirksam wurde schließlich eine Petition an den Petitionsausschuss des Landtags eingereicht um das eigene Versagen zu verschleiern. Zwar gingen deren Erfolgsausichten von Anfang an stark gegen Null - aber Aktionismus wirkt im Falle von völliger Ideen- und Planlosigkeit immerhin besser als Lethargie. Dann schlief man endgültig ein.
Kaum waren drei Monate tatenlos ins Land gezogen - die Bürgerinitiative hatte mittlerweile weiteren Druck aufgebaut - kam man auf die Idee, man könne doch das Ministerium für Bauen und Verkehr entscheiden lassen. Selbst einem Laien drängt sich da unvermittelt die Frage auf, warum Herr Borghorst diese Möglichkeit erst so spät in Betracht zog! Offenbar bedurfte es erst des Drucks der Bürger, ehe man sich für deren Wohl einsetzte! Doch wer wirklich was für seine Bürger leisten will, darf nicht darauf warten, erst von ihnen angestoßen zu werden!

Viel für das Gemeinwohl bewirken in Geilenkirchen hingegen die unzähligen Bürger, die - ganz ohne Druck von außen - in Vereinen oder Organisationen ehrenamtlich tätig sind. Um deren Engagement zu würdigen hatte die BÜRGERLISTE darum die Einführung eines Ehrenamtspasses gefordert. Ehrenamtlich tätige Personen sollten danach einen Ausweis erhalten, mit dem sie zu vergünstigten Konditionen städtische Einrichtungen wie das Hallenbad nutzen oder städtische Veranstaltungen besuchen können. Auf die aktuelle Haushaltssatzung hätte sich dies kaum ausgewirkt: Lediglich geringfügige Mindereinnahmen bei den Produkten „Theater“ (04.261.01), „Bibliothek“ (04.272.01) und „Hallenbad“ (08.424.02) hätten von den allgemeinen Haushaltsmitteln gedeckt und ein geringer Verwaltungsmehraufwand geschultert werden müssen – dem gegenüber hätte aber ein zusätzlicher Anreiz für das so wichtige ehrenamtliche Engagement in unserer Stadt gestanden.
Das jedoch war der CDU dann schon zu viel – stattdessen schlug man vor, dass die Honorierung des Ehrenamts „mit Respekt anstatt mit Geld“ durchgeführt werden solle, indem der Bürgermeister verstärkt Vereinsveranstaltungen besucht.
Unabhängig von der Frage, ob das eine dienliche Anerkennung darstellt, hört sich dieser Vorschlag zumindest preiswert an. Schaut man jedoch in den Stellenplan 2009, wird man feststellen, dass der Bürgermeister zur Zeit mit Besoldungsgruppe B4 vergütet wird. Das heißt, dass allein sein monatliches Grundgehalt zur Zeit bei rund 6.600 Euro liegt. Sie können sich leicht vorstellen, wie teuer da eine Stunde Händeschütteln des Bürgermeisters bei
Vereinsveranstaltungen ist – für dieses Geld hätte man sicher weitaus wirksamere Arten der Anerkennung ehrenamtlichen Engagements finden können.

Aber immerhin, meine Damen und Herren: Der Bürgermeister wird in Zukunft
eventuell häufiger anerkennungsvoll Ihre Hand schütteln! Ich Frage Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Seniorenpolitik. Schon beim Aufschlagen der Haushaltssatzung stellt man fest, dass kein Produkt mit einem speziellen Bezug zu Senioren vorhanden ist. Man könnte meinen, „Senioren“ finden in Geilenkirchen nicht statt – und das in Zeiten, in denen der demographische Wandel allein schon aufgrund des Rückgangs der Einwohnerzahlen (in 2008 immerhin um 212 Einwohner) allgegenwärtig ist.
Der zunehmenden Bedeutung der Seniorinnen und Senioren bewusst, hatte die BÜRGERLISTE am 15.10.2008 einen Antrag zur Unterstützung des Memorandums „Mitgestalten und Mitentscheiden – Ältere Menschen in den Kommunen“ gestellt, um Rat und Verwaltung der Stadt Geilenkirchen zu verpflichten, bei ihrem Handeln zukünftig verstärkt auf die Einbindung der Interessen von Senioren Wert zu legen und Maßnahmen für eine Fortentwicklung der Beteiligung von Seniorinnen und Senioren im Gemeinwesen zu entwickeln. Alle Fraktionen – auch die CDU – waren sich bei der Beratung zu diesem Antrag über die Notwendigkeit der Integration und aktiven Teilhabe von Seniorinnen und Senioren am öffentlichen Leben einig und stimmten dem Antrag einstimmig zu.
Mit Datum vom 20.11.2008 stellten wir dann einen Folgeantrag: Nach unserem Willen sollte sich die Stadt Geilenkirchen für das Modellprogramm „Aktiv im Alter“ bewerben. Auf Grundlage des Memorandums „Mitgestalten und Mitentscheiden – Ältere Menschen in den Kommunen“ hatte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für teilnehmende Kommunen jeweils 10.000 Euro für die Entwicklung von Konzepten für eine innovative kommunale Seniorenpolitik ausgelobt.
Alle Oppositionsparteien waren sich erneut einig – lediglich die CDU sah plötzlich keinen Handlungsbedarf mehr. Mit fadenscheinigen Argumenten schreckte man vor einer ernsthaften Umsetzung der zuvor mit dem Memorandum beschlossenen neuen, innovativen Seniorenpolitik zurück und blieb auf halben Weg stehen. Außer Absichtserklärungen also nichts gewesen...

Meine Damen und Herren, ich frage Sie erneut: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?

Diese Aufzählung ließe sich nahezu endlos fortsetzen. Auch im Bereich der Jugendförderung hat sich – sieht man mal von der Übernahme der Verantwortung für das Jugendamt vom Kreis ab – seit Jahren nichts wesentliches bewegt:
Die Zuschüsse zu Jugendverbänden und -Vereinen stagnierten seit Jahren bei 10.200 Euro.
Die BÜRGERLISTE hat schon mehrfach eine wesentliche Erhöhung dieser Zuschüsse gefordert. Die Haushaltssatzung 2009 sieht für den vergleichbaren Bereich nun 10.500 Euro vor – nach wie vor viel zu wenig dafür, dass nahezu die gesamte Jugendförderung der Stadt Geilenkirchen durch Verbände und Vereine durchgeführt wird.
Schon zum Haushalt 2008 kommentierte die Geilenkirchener Zeitung am 01. Dezember 2007:

„Es müssen Konzepte auf den Tisch und Taten folgen. Warum nicht geeignete Räumlichkeiten suchen und wöchentliche Discoabende anbieten? Warum nicht die Zusammenarbeit mit den beiden Kirchen suchen und die bestehenden Einrichtungen NewCom und Zille so stärken, dass sie täglich für die Jugend eine offene Tür bieten? Alles andere sind leere Floskeln im bald beginnenden Wahlkampf.“

Diese Thesen aus der Geilenkirchener Zeitung sind für uns auch heute noch relevant! Unser Bestreben nach einem offenen Jugendzentrum neben NewCom und Zille bleibt auch weiterhin bestehen. Die Jugend in Geilenkirchen braucht neue Perspektiven!

Hier hätte auch unser Antrag vom 03.12.2008 zur Errichtung einer Graffitiwand für Jugendliche (Wall of Fame) zu sehr günstigen Konditionen einen Beitrag leisten können. Zudem wäre dadurch das von der CDU vielbeklagte Problem der wilden Graffiti-Schmierereien zumindest ein wenig entschärft worden. Doch auch hier wieder das gleiche Bild: die CDU beschränkt sich lieber auf öffentlichkeitswirksame, aber wenig zielführende Resolutionen für mehr Polizeipräsenz, bei denen kein eigenes Handeln erforderlich ist, statt direkte, praktische Lösungen vor Ort zu suchen.

Meine Damen und Herren, ein letztes Mal frage ich Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?

Zum Schluss meiner Rede möchte ich die wesentlichen Merkmale der vorliegenden Haushaltssatzung noch mal kurz aufzählen:

  • Ein Anstieg der Pro-Kopf-Verschuldung um 43 Prozent,
  • 1,1 Mio. Euro für eine Umgestaltung der Innenstadt, bei der niemals ernsthaft zusammen mit den Bürgern über echte Alternativen diskutiert wurde,
  • 7,9 Mio. Euro Neuverschuldung, gleichzeitig aber Steuergeschenke an die Gewerbetreibenden,
  • eine Jugendförderung auf viel zu geringem Niveau und
  • Seniorenarbeit findet gar nicht statt.

Durch diese Punkte wird der vorliegende Haushaltsentwurf charakterisiert. Es wird deutlich, dass er durch Ideenlosigkeit und Fehlentscheidungen geprägt wird, deren Folgen für Geilenkirchen noch in den nächsten 20 bis 30 Jahren spürbar sein werden.
Daher wird die BÜRGERLISTE den Entwurf der Haushaltssatzung für das Jahr 2009 ablehnen!

Was das eingangs erwähnte Zitat von Danny Kaye angeht, möchte ich es nun zu guter letzt Ihnen selbst überlassen, zu beurteilen, ob CDU-Mehrheitsfraktion und Bürgermeister in Geilenkirchen wirklich etwas leisten, oder ob sie nur behaupten, etwas zu leisten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


(Sie können die Rede hier auch als PDF-Dokument herunterladen)

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