Sehr
geehrter Herr Bürgermeister,
liebe
Ratskolleginnen und Ratskollegen,
sehr
verehrte Damen und Herren,
wie
Sie wissen, beginne ich meine Haushaltsreden gerne mit einem
Zitat. Heute möchte ich gerne Danny Kaye, einen 1987
verstorbenen US-Schauspieler und Oscarpreisträger zitieren:
„Es
gibt zwei Möglichkeiten, Karriere zu machen: Entweder
leistet man wirklich etwas, oder man behauptet, etwas zu
leisten. Ich rate zur ersten Methode, denn hier ist die
Konkurrenz bei weitem nicht so groß.“
Auffällig,
dass auch Bürgermeister Borghorst in den letzten Wochen
und Monaten nicht müde wurde, die angeblichen „herausragenden
Leistungen“ von ihm und der Mehrheitsfraktion im vergangenen
Jahr zu rühmen.
Herr Bürgermeister: Ob Sie dadurch noch weiterhin „Karriere“
als Bürgermeister der Stadt Geilenkirchen machen, oder
ob Sie diese „Karriere“ vielleicht schon hinter
sich haben – diese Frage möchte ich heute nicht
klären, da dies im Laufe des Jahres ohnehin von den
Wählerinnen und Wählern entschieden wird.
Bereits heute sei es mir aber erlaubt, die Frage zu stellen,
mit welche der beiden genannten Methoden Sie und die Mehrheitsfraktion
ihre jeweiligen „Karrieren“ fortsetzen wollen:
Leisten Sie wirklich etwas, oder behaupten Sie es nur?
Ein
Blick in den Haushaltsplan 2009 kann zur Beantwortung dieser
Frage sicher hilfreich sein.
Schaut man sich den Schuldenstand an, so muss man feststellen,
dass die Stadt Geilenkirchen zum 31.12.2008 Verbindlichkeiten
in Höhe von 18,5 Mio. Euro angehäuft hat. Diese
werden sich bis zum 31.12.2009 auf dann 26,4 Mio. Euro erhöhen,
so dass die Pro-Kopf-Verschuldung von ca. 650 Euro auf 930
Euro je Einwohner hochschnellen wird - ein Anstieg
um immerhin 43 Prozent!!!
Natürlich
werden diese zusätzlichen Mittel ausschließlich
für vermögenswirksame Investitionen in so schöne
Dinge wie z.B. den Erwerb des Bahnhofsgebäudes (850.000
€), die Umgestaltung eines Teilabschnittes des Stadtkerns
(1,1 Mio. €) oder die Anlegung eines Kreisverkehrsplatzes
am Knoten Berliner Ring/Heinsberger Straße (320.000
€) verwendet –
aber ist es wirklich eine „Leistung“,
dies alles auf Kosten zukünftiger Generationen zu finanzieren?
Immerhin hat Bürgermeister Borghorst selbst in seiner
Rede zur Einbringung des Haushalts festgestellt, dass bei
der momentanen Tilgungsrate bis zur kompletten Rückzahlung
aller Darlehen 23 bis 24 Jahre (!) vergehen werden. Änderungsvorschläge
bei den vorgesehen Investitionen von uns und den Oppositionsparteien,
die zum Teil zu erheblichen Einsparungen geführt hätten,
wurden schlichtweg übergangen. Auch wurden die Bürger
nie so richtig gefragt, ob sie dies alles überhaupt
haben wollen... Warum auch? Schließlich wissen CDU-Fraktion
und Bürgermeister ja auch so, was gut für die
Bürger ist – und die 7,9 Mio. Euro Neuverschuldung
werden da ja wohl nicht so schlimm sein!
Aber, meine Damen und Herren – die Krönung des
„nur behaupten, etwas zu leisten“ haben wir
dann am 5. Februar erlebt.
Plötzlich und unerwartet hatte die CDU-Fraktion zuvor
angeregt, eine Einwohnerversammlung zum Thema „Innenstadtsanierung“
einzuberufen. Dort hatten dann die erschienenen Bürger
– so CDU-Vorsitzender Jansen – die Möglichkeit,
ihre Anregungen zur Umgestaltung der Konrad-Adeneuer-Straße
einzubringen, denn – so Jansen weiter – es sei
noch nichts entschieden. Was er und die CDU aber nicht verraten
haben: Die grundsätzliche Planung war zu diesem Zeitpunkt
schon längst abgeschlossen und mit den Stimmen der
CDU-Mehrheitsfraktion im Rat beschlossen. Lediglich die
Ausführungsplanung musste noch vom Rat beschlossen
werden.
Mit anderen Worten: Die Bürger durften also noch ein
wenig bei der Frage mitentscheiden, mit welchen Fliesen
und Straßenlaternen die Planung umgesetzt wird, wie
der Kreisverkehrsplatz bepflanzt wird und ob die neugestaltete
Konrad-Adenauer-Straße mit 20 oder mit 7 km/h befahren
werden darf.
Meine
Damen und Herren, ich frage Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?
Ich
möchte nochmals auf die Neuverschuldung zurück
kommen: 7,9 Mio. Euro – lassen Sie sich diese Zahl
nochmals mit mir auf der Zunge zergehen! Und dann werfen
Sie zusammen mit mir einen Blick auf den Gewerbesteuer-Hebesatz!
Dieser wird in der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr
2009 auf 380 von Hundert festgelegt.
Wir erinnern uns: im Zuge der Haushaltsberatungen für
das Haushaltsjahr 2008 wurde der Hebesatz im Lichte des
damaligen Haushaltsüberschusses auf Antrag der CDU-Fraktion
von 400 Prozent auf 380 Prozent gesenkt. Dies war schon
damals höchst umstritten und führte dazu, dass
die BÜRGERLISTE die Haushaltssatzung 2008 ablehnte
– aber zumindest standen damals die notwendigen Finanzmittel
zur Verfügung, um den Steuerausfall in Höhe von
rund 400.000 € zu schultern.
Dies ist heute nicht mehr der Fall! Der Haushalt schließt
mit einem Defizit von 4,6 Mio. Euro ab! Die Neuverschuldung
beträgt – wie eben bereits mehrfach erwähnt
– 7,9 Mio. Euro! Und trotzdem verschenken wir weiterhin
rund 400.000 Euro an die Gewerbetreibenden – wohlwissend,
dass die Absenkung des Gewerbesteuerhebesatzes ganz offensichtlich
nicht zu nennenswerten Gewerbeneuansiedelungen geführt
hat und dass der Fehlbetrag aufgrund des Haushaltsdefizits
in Zukunft von allen Bürgern dieser Stadt aufgebracht
und zurückgezahlt werden muss!
Meine
Damen und Herren, ich frage Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?
Auch
wurden andere Chancen, tatsächlich etwas für Geilenkirchens
Bürger zu leisten, zuhauf vertan.
Als
sich im November die Bürger in Gillrath gegen die Teil-Null-Variante
beim Neubau der K3 eindrucksvoll wehrten, zeigten sich Bürgermeister
und Mehrheitsfraktion nur all zu gerne solidarisch. Nachdem
es die CDU dann aber bedauerlicherweise nicht schaffte,
ihre eigene Kreistagsfraktion auf eine gemeinsame Linie
zu bekommen, herrschte zunächst Ratlosigkeit.
Medienwirksam wurde schließlich eine Petition an den
Petitionsausschuss des Landtags eingereicht um das eigene
Versagen zu verschleiern. Zwar gingen deren Erfolgsausichten
von Anfang an stark gegen Null - aber Aktionismus wirkt
im Falle von völliger Ideen- und Planlosigkeit immerhin
besser als Lethargie. Dann schlief man endgültig ein.
Kaum waren drei Monate tatenlos ins Land gezogen - die Bürgerinitiative
hatte mittlerweile weiteren Druck aufgebaut - kam man auf
die Idee, man könne doch das Ministerium für Bauen
und Verkehr entscheiden lassen. Selbst einem Laien drängt
sich da unvermittelt die Frage auf, warum Herr Borghorst
diese Möglichkeit erst so spät in Betracht zog!
Offenbar bedurfte es erst des Drucks der Bürger, ehe
man sich für deren Wohl einsetzte! Doch wer wirklich
was für seine Bürger leisten will, darf nicht
darauf warten, erst von ihnen angestoßen zu werden!
Viel
für das Gemeinwohl bewirken in Geilenkirchen hingegen
die unzähligen Bürger, die - ganz ohne Druck von
außen - in Vereinen oder Organisationen ehrenamtlich
tätig sind. Um deren Engagement zu würdigen hatte
die BÜRGERLISTE darum die Einführung
eines Ehrenamtspasses gefordert. Ehrenamtlich tätige
Personen sollten danach einen Ausweis erhalten, mit dem
sie zu vergünstigten Konditionen städtische Einrichtungen
wie das Hallenbad nutzen oder städtische Veranstaltungen
besuchen können. Auf die aktuelle Haushaltssatzung
hätte sich dies kaum ausgewirkt: Lediglich geringfügige
Mindereinnahmen bei den Produkten „Theater“
(04.261.01), „Bibliothek“ (04.272.01) und „Hallenbad“
(08.424.02) hätten von den allgemeinen Haushaltsmitteln
gedeckt und ein geringer Verwaltungsmehraufwand geschultert
werden müssen – dem gegenüber hätte
aber ein zusätzlicher Anreiz für das so wichtige
ehrenamtliche Engagement in unserer Stadt gestanden.
Das jedoch war der CDU dann schon zu viel – stattdessen
schlug man vor, dass die Honorierung des Ehrenamts „mit
Respekt anstatt mit Geld“ durchgeführt werden
solle, indem der Bürgermeister verstärkt Vereinsveranstaltungen
besucht.
Unabhängig von der Frage, ob das eine dienliche Anerkennung
darstellt, hört sich dieser Vorschlag zumindest preiswert
an. Schaut man jedoch in den Stellenplan 2009, wird man
feststellen, dass der Bürgermeister zur Zeit mit Besoldungsgruppe
B4 vergütet wird. Das heißt, dass allein sein
monatliches Grundgehalt zur Zeit bei rund 6.600 Euro liegt.
Sie können sich leicht vorstellen, wie teuer da eine
Stunde Händeschütteln des Bürgermeisters
bei
Vereinsveranstaltungen ist – für dieses Geld
hätte man sicher weitaus wirksamere Arten der Anerkennung
ehrenamtlichen Engagements finden können.
Aber
immerhin, meine Damen und Herren: Der Bürgermeister
wird in Zukunft
eventuell häufiger anerkennungsvoll Ihre Hand schütteln!
Ich Frage Sie: IST DAS WIRKLICH EINE LEISTUNG?
Ein
ähnliches Bild ergibt sich bei der Seniorenpolitik.
Schon beim Aufschlagen der Haushaltssatzung stellt man fest,
dass kein Produkt mit einem speziellen Bezug zu Senioren
vorhanden ist. Man könnte meinen, „Senioren“
finden in Geilenkirchen nicht statt – und das in Zeiten,
in denen der demographische Wandel allein schon aufgrund
des Rückgangs der Einwohnerzahlen (in 2008 immerhin
um 212 Einwohner) allgegenwärtig ist.
Der zunehmenden Bedeutung der Seniorinnen und Senioren bewusst,
hatte die BÜRGERLISTE am 15.10.2008 einen Antrag zur
Unterstützung des Memorandums „Mitgestalten und
Mitentscheiden – Ältere Menschen in den Kommunen“
gestellt, um Rat und Verwaltung der Stadt Geilenkirchen
zu verpflichten, bei ihrem Handeln zukünftig verstärkt
auf die Einbindung der Interessen von Senioren Wert zu legen
und Maßnahmen für eine Fortentwicklung der Beteiligung
von Seniorinnen und Senioren im Gemeinwesen zu entwickeln.
Alle Fraktionen – auch die CDU – waren sich
bei der Beratung zu diesem Antrag über die Notwendigkeit
der Integration und aktiven Teilhabe von Seniorinnen und
Senioren am öffentlichen Leben einig und stimmten dem
Antrag einstimmig zu.
Mit Datum vom 20.11.2008 stellten wir dann einen Folgeantrag:
Nach unserem Willen sollte sich die Stadt Geilenkirchen
für das Modellprogramm „Aktiv im Alter“
bewerben. Auf Grundlage des Memorandums „Mitgestalten
und Mitentscheiden – Ältere Menschen in den Kommunen“
hatte das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend für teilnehmende Kommunen jeweils
10.000 Euro für die Entwicklung von Konzepten für
eine innovative kommunale Seniorenpolitik ausgelobt.
Alle Oppositionsparteien waren sich erneut einig –
lediglich die CDU sah plötzlich keinen Handlungsbedarf
mehr. Mit fadenscheinigen Argumenten schreckte man vor einer
ernsthaften Umsetzung der zuvor mit dem Memorandum beschlossenen
neuen, innovativen Seniorenpolitik zurück und blieb
auf halben Weg stehen. Außer Absichtserklärungen
also nichts gewesen...
Meine
Damen und Herren, ich frage Sie erneut: IST DAS WIRKLICH
EINE LEISTUNG?
Diese
Aufzählung ließe sich nahezu endlos fortsetzen.
Auch im Bereich der Jugendförderung hat sich –
sieht man mal von der Übernahme der Verantwortung für
das Jugendamt vom Kreis ab – seit Jahren nichts wesentliches
bewegt:
Die Zuschüsse zu Jugendverbänden und -Vereinen
stagnierten seit Jahren bei 10.200 Euro.
Die BÜRGERLISTE hat schon mehrfach eine wesentliche
Erhöhung dieser Zuschüsse gefordert. Die Haushaltssatzung
2009 sieht für den vergleichbaren Bereich nun 10.500
Euro vor – nach wie vor viel zu wenig dafür,
dass nahezu die gesamte Jugendförderung der Stadt Geilenkirchen
durch Verbände und Vereine durchgeführt wird.
Schon zum Haushalt 2008 kommentierte die Geilenkirchener
Zeitung am 01. Dezember 2007:
„Es
müssen Konzepte auf den Tisch und Taten folgen. Warum
nicht geeignete Räumlichkeiten suchen und wöchentliche
Discoabende anbieten? Warum nicht die Zusammenarbeit mit
den beiden Kirchen suchen und die bestehenden Einrichtungen
NewCom und Zille so stärken, dass sie täglich
für die Jugend eine offene Tür bieten? Alles andere
sind leere Floskeln im bald beginnenden Wahlkampf.“
Diese
Thesen aus der Geilenkirchener Zeitung sind für uns
auch heute noch relevant! Unser Bestreben nach einem offenen
Jugendzentrum neben NewCom und Zille bleibt auch weiterhin
bestehen. Die Jugend in Geilenkirchen braucht neue Perspektiven!
Hier
hätte auch unser Antrag vom 03.12.2008 zur Errichtung
einer Graffitiwand für Jugendliche (Wall of Fame) zu
sehr günstigen Konditionen einen Beitrag leisten können.
Zudem wäre dadurch das von der CDU vielbeklagte Problem
der wilden Graffiti-Schmierereien zumindest ein wenig entschärft
worden. Doch auch hier wieder das gleiche Bild: die CDU
beschränkt sich lieber auf öffentlichkeitswirksame,
aber wenig zielführende Resolutionen für mehr
Polizeipräsenz, bei denen kein eigenes Handeln erforderlich
ist, statt direkte, praktische Lösungen vor Ort zu
suchen.
Meine
Damen und Herren, ein letztes Mal frage ich Sie: IST DAS
WIRKLICH EINE LEISTUNG?
Zum
Schluss meiner Rede möchte ich die wesentlichen Merkmale
der vorliegenden Haushaltssatzung noch mal kurz aufzählen: