P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2017 in der Sitzung des Stadtrates am 14.12.16:

Liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr verehrte Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Bürgermeister Schmitz,

421 Tage – das ist die Zeit, die seit Ihrem Amtsantritt am 21. Oktober 2015 vergangen ist, Herr Bürgermeister. Der heute zur Beratung vorliegende Haushalt ist somit der erste, der Ihre Handschrift trägt. Und da ein Haushaltsplan auch immer ein Spiegel des Verwaltungshandelns und der politischen Ziele ist, ist der heutige Tag ein guter Zeitpunkt, neben einem Ausblick auf das kommende Haushaltsjahr auch einen kleinen Rückblick auf die vergangenen 421 Tage zu werfen.

Beginnen möchte ich aber mit einer Zahl – und zwar einer vergleichsweise positiven Zahl: Der vom Bürgermeister vorgelegte Haushaltsplan für das Jahr 2017 schließt mit einem Jahresfehlbetrag von „nur“ rund 2,8 Mio. Euro ab. Das ist deshalb positiv, weil die Prognose noch vor einem Jahr bei einem erheblich höheren Fehlbetrag von rund 3,7 Mio. Euro lag und daher eine erhebliche Verbesserung darstellt.

Angekündigte Agenda mit verschiedenen
Konsolidierungsmaßnahmen wurde nie vorgelegt

Ausschlaggebend für diese deutliche Verbesserung sind jedoch insbesondere steigende Zuweisungen vom Land sowie Kostenerstattungen vom Bund, also Dinge, auf denen die Stadt selbst keinen Einfluss hat.
In seiner Haushaltsrede am 25.11.2015 hatte Bürgermeister Schmitz zwar angekündigt, auch selbst tätig werden zu wollen und dem Rat eine Agenda mit Einsparpotentialen zur Beratung vorzulegen.
Die versprochene „Agenda mit verschiedenen Konsolidierungspotentialen“ wurde jedoch nie vorgelegt!

Herr Bürgermeister: Sind Sie hier wortbrüchig geworden?

Angekündigt hatten Sie, dass die Agenda zur Jahresmitte 2016 zur Beratung vorgelegt werde. Auf unsere Nachfrage in der Sitzung des Stadtrates am 21.09. dieses Jahres wurde dann mitgeteilt, dass die Sparvorschläge zusammen mit dem Haushaltsplan für das Jahr 2017 präsentiert werden.
Einsparungen muss man im vorliegenden Haushalt jedoch mit der Lupe suchen. Bewusste Konsolidierungsmaßnahmen, die zu Einsparungen in den Haushaltsjahren 2017 oder 2018 führen, gibt es gar keine.

Herr Bürgermeister: Wir hatten aufgrund Ihrer Ankündigung und der seither vergangenen Zeit von immerhin einem vollen Jahr deutlich mehr erwartet!

Offenbar ist es Ihnen entweder nicht gelungen, umsetzbare Einsparpotentiale zu finden, oder Sie setzen vornehmlich weiterhin darauf, den Haushaltsausgleich durch steigende Einnahmen zu erreichen. Diese starke Fokussierung auf Einnahmen wurde von uns bereits im vergangenen Jahr kritisiert. Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass der Abbau von unnötigen Ausgaben immer Vorrang vor Einnahmeverbesserungen haben sollte, da dadurch die Bürger von hohen Steuerzahlungen entlastet werden.

Eine Entlastung der schwächeren Bürger hätten wir uns heute zum Beispiel bei den KiTa-Beiträgen gewünscht. Eine Anhebung des Einkommensfreibetrages hätte dazu geführt, dass es insbesondere sozial schwächeren Familien erleichtert worden wäre, für ihre Kinder Betreuungsangebote der Kindertageseinrichtungen in Anspruch zu nehmen und so deren Bildungschancen zu verbessern.
Unverständlich, dass diese Entlastung ausgerechnet mit den Stimmen der SPD, die sich bundespolitisch ansonsten für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzt, abgelehnt wurde. Wenn dies ein Vorgeschmack auf zukünftige Richtungsentscheidungen aus dem Bündnis mit der CDU ist, muss man sagen, dass manch ein Bündnis der Stadt Geilenkirchen vielleicht besser erspart geblieben wäre….
Die Verwaltungsvorlage hatte jedenfalls auch eine andere Möglichkeit zugelassen. Diese Fehlentscheidung hat eindeutig die Ratsmehrheit aus SPD und CDU zu verantworten!

Dramatischer Anstieg der Personalkosten

Zusätzliche Haushaltsbelastungen ergeben sich durch einen dramatischen Anstieg der Personalkosten um mehr als 8 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016. Satte 14,3 Mio. Euro werden hierfür veranschlagt. Natürlich gibt es nachvollziehbare Gründe, zum Beispiel die Inbetriebnahme des Hallenbades sowie die notwendige Einstellung von Erzieherinnen in den KiTas, die gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben sind. Insofern ist der Anstieg in 2017 weitgehend nachvollziehbar und begründet.
In den kommenden Jahren darf sich dies aber nicht wiederholen. Die Steigerungsraten müssen wieder auf ein erträgliches Niveau sinken, da ansonsten der Haushaltsausgleich nicht zu erreichen sein wird.

Apropos Personalkosten: Kein Geheimnis ist auch das „Gehalt“ des Bürgermeisters: Für alle im Haushaltsplan einsehbar ist der Bürgermeister in Geilenkirchen in die Besoldungsstufe B4 eingruppiert. Schlägt man in den ab dem 01.01.2017 gültigen Besoldungstabellen nach, ergibt sich daraus eine Grundbesoldung in Höhe von 7.902,18 € brutto!
Eine Menge Geld, was aber durchaus gerechtfertigt ist, denn als Bürgermeister muss man immerhin eine Verwaltung leiten und trägt eine hohe Verantwortung für alle Entscheidungen, die in seinem Namen getroffen werden. Zudem darf erwartet werden, dass der Bürgermeister sich in allen relevanten Fragen mit der Verwaltungsführung bespricht und in Abwägung aller Fakten eine Richtung vorgibt.

Management by Moses

Leider müssen wir feststellen, dass Ihre Verwaltungsführung, Herr Bürgermeister, massiv ausbaufähig ist. In einem Zeitungsinterview in der Geilenkirchener Zeitung vom 02.01.2016 haben Sie selbst gesagt: „Ich hinterfrage alles!“ – Hinterfragen setzt voraus, dass man sich mit einem Thema beschäftigt und Interesse daran hat. In den letzten Monaten entstand aber zunehmend der Eindruck, dass Sie als Bürgermeister nicht informiert waren und sich auch nicht dafür interessierten.

So erklärten Sie im November zum Beispiel, dass Sie ein Gutachten zur Modernisierung oder Schließung von Sportstätten, welches eine Woche später zur Beratung in die Ausschüsse ging, gar nicht kennen.
Ebenfalls im November erklärten Sie, dass Sie über die Anzeige von fünf Schreibern eines kritischen Leserbriefs „im Grundsatz“ informiert waren, ohne dass Ihnen „sämtliche Details bekannt waren“– also einfacher gesagt: Sie wussten vielleicht ein bisschen.
Im Oktober enthielten Sie sich in einer Abstimmung zur Fliegerhorstsiedlung. Damit standen Sie als Verwaltungschef völlig überraschend nicht hinter dem Vorschlag, den Sie der Politik selbst in der entsprechenden Vorlage empfohlen hatten. Fraglich ist, wie Sie es da überhaupt zulassen konnten, dass ein solcher Vorschlag raus geht, wenn Sie ihn selbst nicht mittragen können!
Immer wieder können Sie Fragen in den Ratssitzungen nicht beantworten und übergehen diese einfach.
Handlungsempfehlungen von Ihren Verwaltungsmitarbeitern schlagen Sie aus und verlassen sich stattdessen lieber auf Ihre „externen Berater“ – woraus sich dann so abstruse Ideen wie die „AWACS am Stil“ ergeben, die sich schnell als nicht umsetzbar herausstellen.

Ihr gesamtes Handeln erscheint von außen betrachtet als chaotisch und könnte am ehesten als „Management by Moses“ bezeichnet werden: Ab in die Wüste und dann auf ein Wunder hoffen!

Wir fordern Sie eindringlich dazu auf, hier unverzüglich gegenzusteuern und Ihren Verpflichtungen als Bürgermeister in dem Maße nachzukommen, wie es dieser verantwortungsvollen Position gebührt. Sie haben eine erfahrene und kompetente Verwaltung, die gut und erfolgreich arbeiten kann – das hat man unter ihrem Vorgänger Bürgermeister Fiedler sehr gut sehen können! Nutzen Sie diese, führen Sie diese, sprechen Sie die wichtigen Entscheidungen mit ihr ab und nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr!

Kommen wir zurück zum Haushaltsplan:

Von der Bürgerliste wird es als äußerst positiv bewertet, dass der Haushaltsplanentwurf 2017 insgesamt eine Entschuldung vorsieht. Diese Entwicklung minimiert die Risiken für den Haushalt in der Zukunft und macht ihn weniger anfällig für steigende Zinsen in den kommenden Jahren.

Stadtentwicklungsgesellschaft mit grundsätzlichen
Konstruktionsfehlern

Eine noch schnellere Entschuldung könnte die Stadt erreichen, indem Neubaugebiete von ihr wieder selbst vermarkten würden. Dies war bis zur Aufstellung des Haushaltssicherungskonzeptes im Jahr 2011 der übliche Weg und hat stets hohe Gewinne in die städtischen Kassen gespült.
Die Entwicklung und Vermarktung über die Stadtentwicklungsgesellschaft hingegen spült hauptsächlich hohe Gewinne in die Hände der Sparkasse, denn die erwirtschafteten Überschüsse werden zwischen Stadt und Kreissparkasse aufgeteilt.
Zudem ist nicht verständlich, warum die Stadt als Mehrheitseigner der Gesellschaft keinen Geschäftsführer stellt, während von der Sparkasse zwei gestellt werden. Rückblickend betrachtet ist hier seinerzeit ein grundsätzlicher Konstruktionsfehler vorgenommen worden.

Aus unserer Sicht wäre die Stadt Geilenkirchen auch selbst in der Lage, Baugebiete zu entwickeln und Baugrundstücke zu verkaufen. Um das Vermarktungsnetz der Sparkasse dabei weiter nutzen zu können wäre gegebenenfalls eine entsprechende Vereinbarung mit der Sparkasse möglich.

Wir regen hiermit Verwaltung und Politik an, intensiv über diesen Vorschlag nachzudenken. Es kann nicht richtig sein, dass die Stadt Geilenkirchen zugunsten der Sparkasse auf mögliche Einnahmen verzichtet und andere wichtige Projekte aufgrund der deshalb fehlenden finanziellen Spielräume möglicherweise nicht umgesetzt werden können.

Ein Projekt, das schon länger genau in dieser „Klemme“ steckt ist die Turnhalle in Gillrath. Vom Rat bereits im Jahr 20104 beschlossen, wurde sie nie errichtet – auch deshalb, weil die notwendigen Finanzmittel nicht vorhanden waren. In seiner Sitzung am 13.04.2011 wurde schließlich vom Rat
beschlossen, dass „die im Investitionsprogramm der vergangenen Jahre bereits eingeplante Errichtung einer Turnhalle an der GGS Gillrath […] bis auf weiteres ausgesetzt“ wird.

Turnhalle Gillrath – neuer Anlauf im Jahr 2017

Bereits damals haben wir die Entscheidung, den Bau der Turnhalle nicht umzusetzen, für falsch gehalten. Zwischenzeitlich ist die GGS Gillrath zur größten Grundschule in Geilenkirchen außerhalb des Stadtkerns angewachsen – ist aber weiterhin die einzige ohne eigene Turnhalle.
Die Zahl der Schüler an der Grundschule in Gillrath ist für das laufende Jahr im Vergleich zum Schuljahr 2015/16 bereits deutlich um 16 Prozent gestiegen und auch für das kommende Schuljahr liegen mit 41 Neuanmeldungen deutlich mehr Anmeldungen als an den anderen Grundschulen außerhalb des Stadtkerns vor. Die Schule blüht – Zeit also, sich nochmals Gedanken um die Turnhalle zu machen.

Hiermit kündigen wir an, das Thema in Form eines Antrages wieder in die politischen Gremien mit dem Ziel einzubringen, den Bau erneut in das Investitionsprogramm aufzunehmen und zur Finanzierung alle möglichen Förderprogrammen in Betracht zu ziehen.

Ohne Sporthalle gehen der Schule wichtige Unterrichtszeiten durch den Bustransfer in andere Sporthallen verloren. Zudem würde eine zusätzliche Sporthalle positive Auswirkungen auf die Förderung des Vereinssports haben, da diesem zusätzliche Hallenzeiten zur Verfügung stünden.

Finanzierung für Bürgerhaus Bauchem in greifbarer Nähe

Auch wenn die Turnhalle im vorliegenden Haushaltsplanentwurf nicht im Investitionsprogramm enthalten ist, begrüßen wir die dort aufgeführten Investitionen ausdrücklich: So sind im Jahr 2017 die dringend notwendige Neuanschaffung einer Drehleiter für die städtische Feuerwehr, diverse Brandschutzmaßnahmen in Grundschulen, der Bau des Bürgerhauses in Bauchem, die Ertüchtigung der Mehrzweckhalle in Lindern, die Fertigstellung des neuen Hallenbades, der weitere Ausbau der LED-Straßenbeleuchtung sowie verschiedene Straßen- undKanalerneuerungsmaßnahmen vorgesehen.

Alle diese Maßnahmen sind für die Stadt insgesamt und für die betroffenen Ortsteile im Besonderen wichtig und werden deutliche Verbesserungen mit sich bringen.

Erfreulich ist auch, dass nach langen und zähen Verhandlungen um das Bürgerhaus in Bauchem eine Lösung der Finanzierungsfrage in greifbare Nähe rückt. Alle Hoffnung liegt hier in der Neuausrichtung als Gebäude für die offene Kinder- und Jugendarbeit, welches anders als der zeitweise vorliegende Finanzierungsvorschlag der CDU keine unkalkulierbaren Risiken für die Zukunft in sich trägt.
Ihr Finanzierungsvorschlag, Herr Weiler, öffnet nämlich die „Box der Pandora“. Sie schaffen Standards, die Sie nie wieder loswerden. Es wird weitere Kreditanträge von anderen Vereinen geben, Sie werden die Anträge nicht ablehnen können, und mit jedem Antrag steigt das Ausfallrisiko für die Stadt. Darum, Herr Weiler, genau darum habe ich „Verdauungsprobleme“.

Trotzdem: alle Investitionsmaßnahmen werden von uns im Grundsatz unterstützt.

Fazit

Insgesamt halten wir den Haushalt für solide, wenngleich er wenig visionär ist. Unsere geäußerte Kritik zielt weniger auf das Zahlenwerk, als auf die Vorgänge in der Verwaltungsführung, mit der die Stadt Geilenkirchen zunehmend in der Öffentlichkeit in einem bemerkenswert desaströsen Licht steht. Wir werden dem Haushalt heute zustimmen, mahnen aber dringend eine Verbesserung bei der Ausübung der Führungsaufgaben in der Verwaltungsspitze an!

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!


(Sie können die Rede hier auch als PDF-Dokument herunterladen)

zurück zur Übersicht

Impressum

25