P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2014 in der Sitzung des Stadtrates am 26.02.14:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr verehrte Damen und Herren,

heute verabschieden wir den letzten Haushalt für die laufende Ratsperiode. In den annähernd fünf Jahren, die seit der letzten Kommunalwahl vergangen sind, hat dieser Rat einschließlich der heutigen Beratung fünf Haushaltspläne, sowie ab dem Jahr 2011 zusätzlich vier Haushaltssicherungskonzepte bzw. deren Fortschreibungen beraten; im Jahr 2011 sogar zweifach, da der erste Entwurf von der CDU- und FDP-Fraktion abgelehnt wurde.

Fünf Jahre, in denen sich die finanzielle Lage vieler Kommunen in Nordrhein-Westfalen nochmals dramatisch verschlechtert hat, darunter auch in Städten, die allgemeine als wohlhabend gelten.
Nach einer Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young sind beispielsweise die Schulden der Landeshauptstadt Düsseldorf allein zwischen 2010 und 2012 um 109 % auf 228,3 Mio. Euro angestiegen. Die steigenden Steuereinnahmen, von denen man immer wieder hört, seien - so die Untersuchung - an der Mehrheit der Städte in NRW vorbeigegangen.1

Damit einhergehend ist der finanzielle Spielraum vieler Kommunen in diesen fünf Jahren nochmals in erschreckender Weise geschrumpft - auch für Geilenkirchen! Besonders seit dem Eintritt der Stadt Geilenkirchen in das Haushaltssicherungskonzept im Jahr 2011 – aber auch schon zuvor – musste ein eiserner Sparkurs gefahren werden, welcher freiwillige Ausgaben nur noch in einem sehr begrenzten Maße zuließ und auch weiterhin nur begrenzt zulässt. Aktuell liegt der Anteil der freiwilligen Leistungen an der Gesamtsumme der ordentlichen Aufwendungen im Ergebnisplan lediglich bei 1,41 Prozent. Dieser ohnehin verschwindend geringe Anteil fällt seit Jahren kontinuierlich: 2012 betrug er noch 1,61 Prozent, 2013 1,51 Prozent.
Insgesamt muss man sagen, dass sich spätestens seit 2011 die Haushaltspläne der Stadt Geilenkirchen im Wesentlichen darauf beschränkt haben, die Finanzierung der Pflichtaufgaben darzustellen. Das ist im aktuell vorliegenden Haushaltsplan nicht anders. Doch trotz des geringen Anteils an freiwilligen Leistungen gelingt der Ausgleich abermals nur durch eine Entnahme aus der Allgemeinen Rücklage in Höhe von rund 4,7 Mio. Euro.

Ortsnahe Bildung, Inklusion und Konnexitätsprinzip

Nach wie vor muss man also feststellen, dass die Kommunen nicht die finanzielle Ausstattung erhalten, die sie benötigen würden, um die Erfüllung der Pflichtaufgaben dauerhaft sicher zu stellen. Nicht selten liegt dies in einer Verletzung des Konnexitätsprinzips begründet. Aktuell wird dies wieder deutlich in der Diskussion um die Finanzierung der Inklusion.

Zunächst einmal ist es mir wichtig feststellen, dass wir uns ausdrücklich dafür aussprechen und einsetzen, allen Schülern aus Geilenkirchen eine ortsnahe und ihren Fähigkeiten entsprechende Beschulung zu ermöglichen. Wir beobachten aufmerksam die Entwicklungen des sich um Umbruch befindlichen Schulsystems, um im gegebenen Fall direkt auf geänderte Anforderungen reagieren zu können.
Dies gilt nicht nur für Regelschüler, sondern auch für Schüler mit Behinderung. Dazu gehört, dass die vom Gesetzgeber geschaffene Wahlmöglichkeit von Eltern, Kinder mit Behinderung nach eigener Beurteilung in einer Förderschule oder in einer Regelschule beschulen zu lassen, gewährleistet wird. Nach unseren Vorstellungen muss die Möglichkeit zur Unterrichtung an einer Förderschule neben der inklusiven Beschulung an Regelschulen dringend erhalten werden. Für die Mitgliedschaft im Förderschulzweckverband sind deshalb jährlich 210.000 Euro im Haushalt der Stadt Geilenkirchen eingeplant.

Zugleich muss sichergestellt werden, dass die zusätzlichen Kosten der Inklusion, die zum Beispiel durch notwendige bauliche Veränderungen, Schülerbeförderung, Lehrmittel und möglicherweise durch zusätzlich benötigte Integrationshelfer an den Regelschulen entstehen, nicht von den ohnehin mehr als klammen Kommunen getragen werden müssen. Immerhin handelt es sich hierbei landesweit betrachtet um einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr. Bisher hat die Landesregierung die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände auf einen angemessenen Kostenausgleich nicht erfüllen wollen. Notfalls muss auf dem Klageweg geklärt werden, ob eine weitere Kostenverlagerung auf die Kommunen und damit eine weitere ungerechtfertigte haushalterische Belastungen abgewendet werden kann.

Zurück von der Landespolitik zum städtischen Haushalt:

Es fällt schwer, einen Haushalt zu bewerten, der kaum Dispositionsmöglichkeiten zulässt [Stichwort: „nur 1,41 Prozent freiwillige Ausgaben“]. Es stellt sich nicht (mehr) die Frage, wie und an wen Haushaltsmittel großzügig zur Erfüllung von Wünschen verteilt werden können, sondern vielmehr, ob es mit dem vorliegenden Haushaltsplan gelingen kann, einen tragfähigen Kompromiss zwischen dem alles übergeordneten Ziel der Haushaltskonsolidierung auf der einen Seite und der Befriedigung zumindest der grundlegenden Anforderungen an eine funktionsfähige und lebenswerte Stadt auf der anderen Seite zu finden. Im Ergebnis führt dies nach wie vor dazu, dass in vielen Bereichen Abstriche bei freiwilligen Leistungen gemacht werden müssen und nichtrentierliche Investitionen nur in sehr begrenztem Maße möglich sind.

Investitionen I: Hallenbad und Vereinszentrum

Zu diesen „nichtrentierlichen Investitionen“, also Investitionen, deren Kosten nicht größtenteils durch entsprechende zweckbestimmte Einnahmen gedeckt sind sondern durch allgemeine Haushaltsmittel aufgebracht werden müssen, gehören im Jahr 2014 insbesondere die weitere Innenstadtsanierung, die Beleuchtungsumstellung auf LED-Beleuchtung und Brandschutztechnische Ertüchtigungen. Zudem soll der Wiederaufbau des Hallenbades in die Wege geleitet werden. Zwar stehen Letzterem zu erwartende Einnahmen von der Versicherung gegenüber, welche mit einer Höhe von 1,9 Mio. bereits teilweise im Teilfinanzplan 2014 eingeplant sind, doch deren exakter Umfang ist zur Zeit noch nicht abschließend geklärt. Eine Finanzierungslücke in Höhe von mindestens einer Million Euro, welche durch die Aufnahme eines Investitionskredites geschlossen werden müsste, erscheint aber schon jetzt als wahrscheinlich. Trotzdem halten wir den Hallenbadneubau für dringend geboten. Ein Verzicht würde nicht nur die Sportmöglichkeiten in der Stadt Geilenkirchen drastisch verschlechtern, sondern auch die Frage aufwerfen, wie der zwingend vorgeschriebene Schwimmunterricht in den Schulen gewährleistet werden kann. Schlimmstenfalls müssten die Schüler unter erheblichem zeitlichem und finanziellem Aufwand mit Schulbussen in die umliegenden Bäder gebracht werden. Dies halten wir für unzumutbar.
Gleichwohl ist fraglich, ob alle Wünsche erfüllt werden können. Zur Disposition stehen hier sowohl die fünfte Bahn im Schwimmerbecken wie auch die Sprunganlage oder eine Textilsauna. In Gesprächen mit den betroffenen Vereinen wollen wir daher versuchen, das Optimum dessen herauszuholen, was unter den gegebenen Bedingungen machbar ist.

Nicht unberücksichtigt bleiben darf in diesem Zusammenhang natürlich auch die Frage, wie die Bauchemer Ortsvereine, welche unter anderem durch den Brand des Hallenbades ihre angestammte Unterkunft verloren haben oder aufgrund anderer Begebenheiten verlassen müssen, zukünftig untergebracht werden können. Der Wunsch der in Bauchem ansässigen Vereine nach einem Vereinszentrum ist nachvollziehbar und verdient besondere Beachtung, insbesondere da die Vereine einen wichtigen Bestandteil des soziokulturellen Angebots der Stadt Geilenkirchen und des Ortsteils Bauchem darstellen.
Die von ihnen angebotene Eigenleistung ist begrüßenswert und verdient Anerkennung. Nun müssen alle Akteure gemeinsam schauen, wie unter Berücksichtigung des finanziellen Spielraums eine Lösung verwirklicht werden kann, welche alle Beteiligten zufrieden stellt. Diesen Prozess, der mit der Infoveranstaltung am 10. Februar einen vielversprechenden Anfang genommen hat, möchten wir ausdrücklich unterstützen und begleiten.

Investitionen II: Innenstadtsanierung

Für die weitere Umsetzung des Gesamtkonzeptes zur Umgestaltung des Stadtkerns und des inneren Ringes sind für 2014 weitere 560.000,- Euro eingeplant. Zieht man hiervon den Zuschuss in Höhe von rund 320.000,- Euro ab, welcher vom Land aus Fördermitteln bereitgestellt wird, bleibt ein von der Stadt zu finanzierender Betrag in Höhe von rund 240.000,- Euro übrig.
Der hiermit finanzierte 4. Bauabschnitt der Innenstadtsanierung, welcher in diesem Sommer begonnen werden soll, wird den Bereich zwischen Kreisverkehr und Gelo-Carré beinhalten und dazu beitragen, dass das Gesamtbild der sanierten Innenstadt als freundliche, zum Verweilen und Shoppen einladende Stadt, weiter komplettiert wird. Wir erhoffen uns davon eine weitere Förderung und Belebung des Handels in der Innenstadt und sind zuversichtlich, dass dies zumindest mittelfristig zu einem Anstieg des Gewerbesteueraufkommens führen kann und wird. Unser grundsätzliches Ziel ist es, durch verbesserte Bedingungen und Wirtschaftsförderung eine Einnahmeverbesserung zu erzielen, ohne an der Steuerschraube zu drehen.

Grundsteuer und Gewerbesteuer

Leider sind wir aufgrund des Haushaltssicherungskonzeptes im Augenblick dazu verpflichtet, mindestens die durchschnittlichen Realsteuerhebesätze für Grund- und Gewerbesteuern zu erheben. Dies hat dazu geführt, dass die Steuerhebesätze zum 01.01.2014 bei der Grundsteuer B von 426 von Hundert auf 456 von Hundert und bei der Gewerbesteuer von 415 von Hundert auf 416 von Hundert erhöht werden mussten. So sehr wir auch den Unmut über diese Steuererhöhung in der Bevölkerung verstehen können: Uns sind die Hände gebunden. Je schneller wir jedoch das Haushaltssicherungskonzept verlassen können, desto eher sind wir von diesem „Steuerdiktat“, welches uns die Kommunalaufsichtsbehörde auferlegt, wieder befreit.

Der Ansatz für die Grundsteuer B wurde auf rund 4 Mio. Euro festgelegt und bildet damit ziemlich genau den erhöhten Steuerhebesatz ab.

Den im Haushalt 2014 für die Gewerbesteuer vorgesehenen Ansatz in Höhe von 8,3 Mio. Euro halten wir jedoch für zu vorsichtig geschätzt. Die Verwaltung geht von einem effektiven Rückgang der Steuereinnahmen im Vergleich zum Ergebnis 2013 um knapp 70.000,- Euro aus. Aufgrund der guten Wachstumsprognose für 2014, die am 12. Februar von der Bundesregierung nochmals leicht auf 1,8 % angehoben wurde, gehen wir davon aus, dass eher mit einem deutlich höheren Steueraufkommen zu rechnen sein wird. Gestützt wird diese Annahme auch dadurch, dass nach derselben Prognose die Löhne durchschnittlich um 2,7 Prozent steigen sollen und auch der private Konsum deshalb nochmals deutlich anziehen wird.2

Wichtig wäre im Zusammenhang mit dem Gewerbesteueraufkommen der Stadt Geilenkirchen auch, dass das Industriegebiet in Lindern endlich an das Fernverkehrsnetz angeschlossen wird. Hier ist das Ende des Jahres 2014 von entscheidender Bedeutung, da das Baurecht zum Jahreswechsel zu verfallen droht, wie Herr Landrat Pusch jüngst nochmals öffentlich bestätigte.3 Wir fordern die Stadtverwaltung auf, hier erneut alle denkbaren Schritte zu unternehmen, um den Druck auf das Land zu erhöhen und den Verfall des Baurechts auf jedem Fall abzuwenden!

Ortsvorsteher und Aufwandsentschädigungen

Der Ansatz für die Aufwandsentschädigungen für stellvertretende Bürgermeister, Ortsvorsteher und Fraktionsvorsitzende wurde im Vergleich zu 2013 um 1.000,00 Euro auf 71.000,00 Euro erhöht. Auch wenn dies zunächst nach wenig klingt: nach unserer Ansicht ist jeder einzelne unnötig ausgegebene Euro ein vergeudeter Euro zuviel! Diese Erhöhung halten wir für absolut nutzlos und vermeidbar. Hinter ihr steckt die von uns abgelehnte aber vom Rat mehrheitlich beschlossene Wiedereinführung des Ortsvorstehers in der Innenstadt nach der Kommunalwahl 2014. Ab Juni 2014 werden hierdurch zusätzliche Ausgaben in Höhe von rund 170,-- Euro monatlich verursacht. Macht für 2014 insgesamt rund 1.200,- Euro und ab dem Jahr 2015 dann rund 2.000,- Euro zusätzliche Ausgaben – jährlich! Wir sind der Meinung, dass die Stadt Geilenkirchen in den letzten fünf Jahren sehr gut ohne den Ortsvorsteher in der Innenstadt ausgekommen ist. Geld haben wir keines zu verschenken, stattdessen sollten wir uns unnötige Posten schenken! Wir hoffen, dass es eventuell im Angesicht des kommenden Wahlergebnisses hier nochmals zu einen Umdenken kommt und appellieren schon jetzt an die politischen Kräfte des zukünftigen Rates, die Entscheidung zu revidieren, zumal der Haushaltsansatz ab dem Jahr 2015 auch noch um rund 500,- Euro zu niedrig im Haushaltsplan eingestellt ist und daher im nächsten Jahr eine weitere Erhöhung notwendig machen würde.

Fazit und Danksagung

Unabhängig von den zuvor genannten kleinen Kritikpunkten halten wir den Haushaltsplanentwurf 2014 und die Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes insgesamt für gelungen und tragfähig.
Natürlich sind in den kommenden Jahren im Verlauf des Haushaltssicherungskonzeptes Unwägbarkeiten und Risiken zu erwarten. Dazu gehören die Auswirkungen des Zensus-Ergebnisses, gegen welches die Stadt zur Zeit völlig zurecht Klage führt, ebenso wie die absehbare Erhöhung der Kreisumlage, welche durch die abschmelzende Ausgleichsrücklage in absehbarer Zeit notwendig sein wird. Deswegen – aber auch, weil das Haushaltssicherungskonzept ohnehin „auf Kante genäht“ ist und somit nur wenig Spielraum für zusätzliche Ausgaben lässt – stehen Rat und Verwaltung auch in den kommenden Jahren noch vor großen Herausforderungen.

Unter dem Motto „Gemeinsam für Geilenkirchen“ wollen wir die Haushaltskonsolidierung vorantreiben und uns zugleich für alle Bürger und das Wohl der gesamten Stadt einschließlich deren Außenbezirke mit voller Kraft einsetzen.

Heute werden wir dem Haushaltsplan zustimmen.

„Last but not Least“ bedanken wir uns bei dem mittlerweile zur Stadt Herzogenrath gewechselten Kämmerer, Herrn Kleinjans, für die von ihm in schweren haushalterischen Jahren geleistete gute Arbeit und wünschen ihm bei seinem neuen Arbeitgeber alles Gute!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Sie können die Rede hier auch als PDF-Dokument herunterladen)


Fußnoten:

1 Quelle: „Städte im Schuldenstrudel: Düsseldorf verdoppelt seine Miese“ auf n-tv.de am 10.12.2013;
http://www.n-tv.de/politik/Duesseldorf-verdoppelt-seine-Miesen-article11890161.html

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