P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2011 in der Sitzung des Stadtrates am 13.04.11:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr verehrte Damen und Herren,

meine letztjährige Haushaltsrede habe ich im Februar 2010 mit einer Prognose zur Finanzlage der Städte, Landkreise und Gemeinden von der Präsidentin des deutschen Städtetages, Frau Petra Roth, begonnen.

Gestatten Sie mir, Ihnen auch dieses Jahr einleitend zu berichten, wie die Präsidentin des Spitzenverbandes fast aller Kommunen Deutschlands die momentane Lage einschätzt. Am 22. März 2011 erklärte sie in Hannover dazu:

Die Finanzlage vieler Städte bleibt sehr ernst. Das Defizit der Kommunen stieg 2010 gegenüber dem Vorjahr an – auf 7,7 Milliarden Euro. [...] Viele Kommunen werden auch in diesem Jahr ihre Pflichtaufgaben nicht ohne neue Schulden erfüllen können.“1

Erforderliche Bilanzverbesserungen, um Fehlbetrag unter 5 % der allgemeinen Rücklage zu drücken:
2011: 3.493.072,28 €
2012: 2.638.049,61 €
2013: 2.187.038,40 €
2014: 1.964.909,43 €

In der Tat bleibt die Lage sehr ernst. Für Geilenkirchen sogar mehr als ernst. Erstmals ist die Aufstellung eines Haushaltssicherungs-konzeptes unausweichlich.

Um diesem zu entgehen dürften die Haushaltsfehlbeträge maximal in einem Jahr die allgemeine Rücklage um mehr als 5 % mindern.2
Allein im Jahr 2011 wäre dazu eine Bilanzverbesserung in Höhe von ca. 3,5 Mio. Euro notwendig. Wollte man bis 2014 dauerhaft unterhalb der 5 Prozent bleiben, so müsste man in diesem Zeitraum insgesamt mehr als 10 Mio. Euro einsparen. Und dies würde wohlgemerkt nicht den Haushalt ausgleichen, sondern lediglich die Fehlbeträge unterhalb der Schwelle drücken, unter der die Aufstellung des Haushaltssicherungskonzeptes entbehrlich würde.

Insgesamt beträgt das Haushaltsdefizit bis 2014 sogar 28,8 Mio. Euro. Diese Zahl macht deutlich, wie ernst die Lage wirklich ist.

Würde man alle freiwilligen Ausgaben der Stadt ab 2011 mit einem Male streichen, würden lediglich jährliche Einsparungen in Höhe von knapp 1. Mio. Euro realisiert.

Doch woran liegt es dann, dass die Stadt so tief in der Finanzmisere liegt?

Insbesondere Verschlechterungen in 2 Haushaltspositionen haben dazu beigetragen, dass sich die Finanzsituation im Vergleich zum Haushaltsplan des letzten Jahres dermaßen negativ entwickelt hat.

Zum einen sind hier die Schlüsselzuweisungen zu nennen. Gegenüber 2010 sinken sie um rd. 1,7 Mio. Euro. Hierauf hat die Stadt Geilenkirchen leider keinerlei Einfluss, da die Berechnung durch den Landesgesetzgeber durchgeführt wird.

Zum anderen muss man den Blick in diesem Zusammenhang auch auf das städtische Jugendamt richten. Im Vergleich zum Vorjahresansatz steigen dessen Kosten um rd. 1,4 Mio. Euro an. Wenngleich wir auf unser Jugendamt sehr stolz sind und wir wissen, dass seine motivierten Mitarbeiter eine gute Arbeit leisten, muss man aber doch eingestehen, dass es der Stadt Geilenkirchen nach überschlägigen Rechnungen ca. 1,8 Mio. Euro mehr kostet als bei einem Anschluss an das Kreisjugendamt in Form der differenzierten Kreisumlage zu zahlen wäre. Grund hierfür ist insbesondere die sich in einigen Bereichen Geilenkirchens ungünstig entwickelnde Bevölkerungsstruktur.

Beim Jugendamt zu sparen um dem Haushalt auf die Beine zu helfen wäre jedoch das falsche Signal. Die dabei eingesparten Kosten würden nur zu einer deutlichen Verschlechterung der Jugendhilfe führen. In Folge dessen würden uns in wenigen Jahren die heute eingesparten Kosten um ein vielfaches wieder einholen. Die Bürgerliste steht daher weiterhin geschlossen hinter dem städtischen Jugendamt.


Eines ist jedoch klar: Die Stadt Geilenkirchen wird in den nächsten Jahren den Gürtel enger schnallen müssen. Die Schützen und die Karnevalisten haben dies bereits spüren müssen. So konnte der von der Stadt seit vielen Jahren durchgeführte Schützenempfang aus finanziellen Gründen nicht durchgeführt werden. Wenngleich die Entscheidung damals sehr kurzfristig gefallen ist und somit zurecht zu einer Verärgerung bei den Schützenvereinen geführt hat, ist die Grundausrichtung aber die richtige: Jede Ausgabe muss auf deren Notwendigkeit hin überprüft werden, nicht notwendige Ausgaben müssen reduziert oder vermieden werden.

So sollen laut dem vorliegenden Entwurf des Haushaltsplanes in diesem Jahr auch weitere nicht zwingend notwendige Ausgaben reduziert werden, z.B.

- sollen die Barzuschüsse an Vereine gekürzt werden.

- Die Ausgaben für Kulturveranstaltungen sollen reduziert werden und

- die Ausgaben für Repräsentation sollen um ein Drittel verringert werden.

Zudem ist geplant, den im Investitionsprogramm der vergangenen Jahre fest eingeplanten Bau der Turnhalle an der GGS Gillrath und der Mensa an der Städtischen Realschule nicht durchzuführen und dadurch die zukünftigen Haushalte um die Abschreibungen bzw. Zinsen und die Betriebskosten zu entlasten. Generell hält die Bürgerliste es für richtig, in der momentanen Finanzsituation von einem Bau abzusehen. Zwar halten wir die beiden Bauprojekte nach wie vor für wichtig und richtig, sehen aber zugleich, dass sie nicht zwingend notwendig sind und daher getreu der eben gemachten Aussage „nicht notwendige Ausgaben müssen reduziert oder vermieden werden“ eine Umsetzung momentan falsch wäre.

In unserem dazu gestellten Antrag wollen wir aber erreichen, dass der Rat sich perspektivisch weiterhin für die beiden Projekte ausspricht und diese bei einer deutlichen Verbesserung der finanziellen Situation wieder aufleben lässt. Die Notwendigkeit der Mensa an der Realschule haben Sie, Herr Wolff, in Ihrer Haushaltsrede 2009 wie folgt beschrieben:

Als Voraussetzung für eine Ganztagsbeschulung erhält die städtische Realschule […] eine Mensa“.3

Da in der modernen Schullandschaft eine fehlende Ganztagsbeschulung auf Dauer völlig unzeitgemäß und daher kaum mehr akzeptabel ist dürfte die Notwendigkeit der Mensa wohl auch für die CDU nicht infrage stehen.

Und wo wir gerade bei Ihrer Haushaltsrede sind: in der selben Rede führen Sie zur Turnhalle Gillrath aus:

Bereits in unserer Fraktionsklausur Ende Oktober [2008] haben wir entschieden, die Verwaltung zu beauftragen, die im Investitionsprogramm für spätere Jahre vorgesehene Mittel für den Bau einer Turnhalle in Gillrath vorzuziehen auf das Jahr 2010.“

Daraus entnehme ich ein eindeutiges Versprechen an die Vereine der Stadt Geilenkirchen und die Gillrather Bürger für den Bau eine Turnhalle (und nicht „Schulsporthalle“, wie sie seit kurzem gerne betonen) in Gillrath.

Sicher – seither hat sich die finanzielle Situation der Stadt verändert. Aber das rechtfertigt auf keinen Fall eine komplette Abkehr von dem Projekt. Das richtige Mittel der Wahl wäre nun eine Verschiebung in „bessere Zeiten“.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns heute Zeichen setzen: Zum einen ein Zeichen für unseren Sparwillen, indem wir die Umsetzung der beiden Projekte bis auf weiteres aussetzen, zum anderen aber auch ein Zeichen in Richtung der Schüler der Realschule, der Sportvereine der Stadt Geilenkirchen und der Bürger von Gillrath, dass dieser Rat zu seinen Wort steht, sobald die finanzielle Situation dies wieder zulässt.


Kommen wir zurück zum aktuellen Haushalt und dem Haushaltssicherungskonzept. Dass die Stadt Geilenkirchen in den kommenden Jahren den Gürtel enger schnallen muss habe ich bereits zuvor erwähnt. Das Investitionsvolumen wird im Vergleich zu 2010 um rd. 6,5 Mio Euro reduziert und liegt damit um ca. 45 Prozent unter dem Vorjahresvolumen. Leider ist in dem verbleibenden Investitionsvolumen in Höhe von rd. 7,9 Mio. Euro auch der bereits begonnene zweite Bauabschnitt der Umgestaltung des Stadtkerns mit 1,5 Mio Euro enthalten. Selbst wenn man die Landeszuschüsse von diesem Ansatz wieder abzieht, verbleiben bei der Stadt Geilenkirchen Kosten in Höhe von 480.000,- €. Aufgrund der mit der Mehrheit von CDU und FDP beschlossenen Planung werden die Veränderungen, die die Innenstadt für dieses Geld erfahren wird, minimal sein: Verkehrsführung und Parkplatzanordnung bleiben weitgehend unverändert, nur die Farbe der Gehwegplatten ändert sich. Gerade von der FDP, die sonst nicht müde wird zu betonen, nur notwendige Ausgaben mittragen zu wollen, hätten wir hier was anderes erwartet statt mit der CDU für diesen Irrsinn zu stimmen. Nach dem von der Bevölkerung weitgehend ungeliebtem Wurmfenster könnte das leicht die zweite Investition in Geilenkirchen werden, für die sich das Schwarzbuch des Bunds der Steuerzahler interessieren könnte.

Hier werden Steuergelder verschwendet, während man auf der anderen Seite aufgrund der Haushaltslage wohl nicht darum herumkommen wird, die Einnahmesituation der Stadt Geilenkirchen in absehbarer Zeit weiter zu erhöhen. Bereits für dieses Jahr wurden die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuern auf die fiktiven Hebesätze angehoben. Aufgrund des Entwurfes des Gemeindefinanzierungsgesetzes ist damit zu rechnen, dass im nächsten Jahr eine erneute Anpassung erforderlich sein wird bzw. von der Aufsichtsbehörde gefordert werden wird.

Allerdings hat die Erhöhung der Grundsteuer immer auch ein generelles Manko: Durch die Erhöhung wird jeder Bürger Geilenkirchens unausweichlich in gleicher Weise belastet, egal ob wohlhabend oder einkommensschwach, ob Eigentümer oder Mieter.

Unter anderem um die Erhöhung der Steuerhebesätze auf das unausweichliche Niveau zu begrenzen hat die BÜRGERLISTE einen weiteren Antrag gestellt. Durch die Erhebung von Parkgebühren wollen wir zwei Ziele erreichen: eine Attraktivitätssteigerung der Innenstadt bei gleichzeitiger sozialverträglicher Erhöhung der städtischen Einnahmen.

Uns schwebt dabei ein Modell vor, dass mehrere positive Aspekte verbindet:

  • zentrumsnahes und zeitlich unbegrenztes kostenloses Parken auf dem Parkplatz am Wurmauenpark und dem P+R-Parkplatz am Bahnhof,

  • kostenloses Kurzzeitparken von bis zu 20 Minuten Dauer auf allen gebührenpflichtigen Parkplätzen in der Innenstadt durch eine sogenannte „Brötchen-Taste“,

  • Erhöhung der Fluktuation auf den Parkplätzen in der Innenstadt und dadurch bessere Ausnutzung des vorhandenen Parkraums,

  • Verdrängung von Dauerparkern und dadurch Erhöhung der Verfügbarkeit freier Parkplätze

  • und zuletzt natürlich auch die Erzielung von zusätzlichen Einnahmen im sechsstelligen Bereich.

Und das schöne an unserem Vorschlag ist: niemand, der nicht zahlen will, wird dazu gezwungen, denn er kann weiterhin zentrumsnah kostenlos Parken und Geilenkirchen kann weiterhin hiermit werben.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang wird oft die Befürchtung geäußert, dass die Einführung von Parkgebühren die Kunden abschrecken und in andere Städte drängen würde. Dieser so oft prognostizierte „Untergang des Abendlandes“ hat aber in keiner uns bekannten Kommune, die Parkgebühren erhebt, stattgefunden. Wir sind davon überzeugt, dass auch Geilenkirchen hier keine Ausnahme bilden wird, vor allem wenn die Gebühren wie oben beschrieben sehr vorsichtig und zurückhaltend erhoben werden.

Wir sind der Meinung, dass die positiven Aspekte eindeutig überwiegen! Ich möchte Sie daher darum bitten, heute mit uns einen positiven Grundsatzbeschluss zur Einführung von Parkgebühren in Geilenkirchen zu treffen.


Meine Damen und Herren – zur Konsolidierung des Haushaltes der Stadt Geilenkirchen werden zukünftig sicher noch viele weitere Maßnahmen notwendig sein. Neben Einnahmeverbesserungen werden weitere Schritte zu Kosteneinsparungen unvermeidbar sein. So werden wir die Öffnungszeiten von öffentlichen Einrichtungen überprüfen müssen, städtische Immobilien auf Basis der Kostenarten und Kostenstellen untersuchen müssen und über eine Optimierung der Arbeitsabläufe der Kernverwaltung zur Reduzierung der Personalkosten nachdenken müssen. Die Konsolidierung wird sicher nicht leicht sein, aber sie ist alternativlos! Die Bürgerliste wird Acht darauf geben, dass alle zukünftigen Ausgaben auf deren Notwendigkeit hin überprüft werden.

Dem Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2011 wird die Bürgerliste zustimmen.

Die Zustimmung zum Haushaltssicherungskonzept machen wir jedoch davon abhängig, ob der Rat heute durch seinen Beschluss zu den Parkgebühren beweist, dass er bereit ist, in den kommenden Jahren alle notwendigen Schritte zur Haushaltskonsolidierung zu gehen. Es wäre nicht konsequent, zum einen um die Einsparung von Kleinstbeträge zu feilschen, auf der anderen Seite aber Einnahmen im sechsstelligen Bereich liegen zu lassen. Ein solches „Pseudo-Haushaltssicherungskonzept“ könnte die Bürgerliste nicht verantworten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

1 Quelle: http://www.staedtetag.de/10/presseecke/pressedienst/artikel/2011/03/22/00775/index.html

2 gesetzliche Grundlage: § 76 Absatz 1 Gemeindeordnung NRW

3 Quelle: Niederschrift zur 29. Sitzung des Rates am 11.03.2009, Anlage zu TOP 2 a)


(Sie können die Rede hier auch als PDF-Dokument herunterladen)

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