P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2008 in der Sitzung des Stadtrates am 12.12.07:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr verehrte Damen und Herren,

am selben Tag , an dem Sie, Herr Bürgermeister Borghorst, vor vier Wochen den Haushaltsplanentwurf 2008 in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses einbrachten, berichtete der Spiegel in seiner Online-Ausgabe wie folgt:

„Länder und Kommunen schreiben schwarze Zahlen. Wirtschaftswachstum, sprudelnde Steuereinnahmen, erste Auswirkungen der Hartz-Reformen – Bund, Länder und Kommunen können erstmals seit fast 20 Jahren wieder einen ausgeglichenen Staatshaushalt ausweisen. Das Glück währt allerdings nur ein Jahr.“

Auch die Stadt Geilenkirchen kann das Jahr 2007 voraussichtlich mit einem strukturell ausgeglichenen Haushalt abschließen. Und abweichend von der eben zitierten Meldung des Spiegels währt bei uns das „Glück“ offenbar sogar noch länger als eben „nur ein Jahr“, denn:

Der Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2008 weist erstmals seit vielen Jahren einen echten Finanzierungsüberschuss in Höhe von 840.000 € aus!

Was oberflächlich betrachtet zunächst ausgesprochen positiv klingt, ist jedoch im Detail mit einigen kleinen „Schönheitsfehlern“ behaftet:

Schlüsselzuweisungen

Die positive Entwicklung wird in erster Linie durch einen starken Anstieg der Schlüsselzuweisungen getragen. Im Vergleich zum Jahr 2006 haben sich diese nahezu verdoppelt und betragen nunmehr 9,537 Mio. Euro . Schlüsselzuweisungen sind jedoch an eine komplizierte Anrechnungssystematik gekoppelt. Einfach ausgedrückt: je geringer die Pro-Kopf-Steuerkraft einer Kommune im Vergleich zu allen anderen Kommunen des Landes ist, desto höher fällt die Schlüsselzuweisung aus. Eine hohe Schlüsselzuweisung bedeutet demnach zugleich auch eine niedrige Steuerkraft der Kommune.

Der starke Anstieg der Schlüsselzuweisungen für die Stadt Geilenkirchen belegt folglich, dass die Stadt bezüglich ihrer ohnehin unterdurchschnittlichen Steuerkraft im landesweiten Vergleich weiter zurückgefallen ist.
Die von Ihnen, Herr Bürgermeister, und von der Mehrheitsfraktion immer wieder hervorgehobene und gepriesene gute Gewerbe- und Wirtschaftspolitik war offenbar weniger erfolgreich, als Sie uns gerne glauben machen wollen!

Diese grundsätzliche Tendenz lässt sich auch im örtlichen Einzelhandel feststellen. Jahr für Jahr wird in Geilenkirchen weniger Umsatz generiert: zwischen 2001 und 2005 sank der Gesamtumsatz des Einzelhandels um 24,8 Millionen Euro auf nur noch 97,6 Millionen Euro. Und die sogenannte „Zentralitätskennziffer“ zeigt ein ähnlich desaströses Bild für Geilenkirchen auf: sie sank zwischen 2001 und 2007 von 91,9 Prozent auf 70,5 Prozent, was bedeutet, dass nahezu 30 Prozent der Kaufkraft in Geilenkirchen zur Zeit ins Umland abfließt.

Hier ist dringend weiteres Handeln notwendig! Viele Maßnahmen sind bereits auf den Weg gebracht worden und müssen nunmehr im kommenden Jahr konsequent vorangetrieben und weiterentwickelt werden:

  • Durch die Schaffung von Kreisverkehrsplätzen und den Bau von zusätzlichen Auffahrtsrampen zur Umgehungsstraße wurde die verkehrstechnische Anbindung der Innenstadt und der Gewerbegebiete an den überörtlichen Verkehr verbessert. Weitere Auffahrtsrampen sind in Niederheid in Planung und werden die Anbindung weiter verbessern und so die Attraktivität Geilenkirchens für Gewerbeansiedelungen noch stärken.
  • Die baldige Umsetzung des integrierten Handlungskonzeptes für die Innenstadt wird dem Einzelhandel neuen Schwung verleihen. Jedoch ist es dazu notwendig, das vorliegende Konzept nicht durch die Wünsche Einzelner zu verwässern. Hier müssen alle Beteiligten – insbesondere auch die Geschäftsleute – an einem Strang ziehen und sich für Veränderungen öffnen.
  • Die Anbindung der Innenstadt an den öffentlichen Personennahverkehr muss gewährleistet bleiben. Pläne der CDU-Mehrheitsfraktion, den Busverkehr gänzlich aus der Innenstadt zu verbannen, sollten schnellstmöglich endgültig aufgegeben werden
  • Ein Leerstandsmanagement muss dauerhaft eingerichtet werden, um die leerstehenden Geschäftsräume wieder einer Nutzung zuzuführen. Ein entsprechender Vorschlag wurde von der CDU-Mehrheitsfraktion jedoch zunächst abgelehnt. Man darf darauf hoffen, dass nach weiteren Beratungen aufgrund der offenkundigen Notwendigkeit alsbald doch noch ein solches Management eingerichtet wird.

In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass wir von der BÜRGERLISTE es begrüßen, dass der eingangs erwähnten Finanzierungsüberschuss in Höhe von 840.000 € im Haushaltsplanentwurf nicht – wie zum Beispiel von Industrie- und Handelskammer und jetzt auch von der CDU-Fraktion gefordert – zur Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes genutzt wird, sondern stattdessen in die infrastrukturelle Fortentwicklung der Stadt Geilenkirchen investiert wird. Dies kommt nicht nur den Gewerbetreibenden zugute, sondern auch allen Bürgerinnen und Bürgern und wird mittelfristig Geilenkirchen zu einer attraktiven Wohn- und Gewerbestadt machen. Wir werden einem Antrag der CDU-Fraktion auf Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes daher nicht zustimmen.

Neuverschuldung

Als weiterer „Schönheitsfehler“ ist der Schuldenstand und die Neuverschuldung anzumerken: Trotz des Finanzierungsüberschusses kommt der Haushaltsplan 2008 nicht ohne eine erneute Netto-Neuverschuldung in Höhe von ca. 2,5 Millionen Euro aus. Der Schuldenstand wird sich zum Ende des Haushaltsjahres 2008 dann – so die Prognose – bei rund 28 Millionen Euro bewegen , was einer Pro-Kopf-Verschuldung von 982 Euro und 17 Cent gleich kommt. Durch diesen Schuldenstand wird der Haushalt zur Zeit mit jährlichen Zinszahlungen in Höhe von 951.000 € belastet.
Eine höhere Neuverschuldung kann zudem – wie bereits in den Vorjahren – nur durch den Griff in die allgemeine Rücklage vermieden werden. Immerhin 1 Million Euro sollen dieses Mal entnommen werden, womit die Rücklage dann bis auf die nach § 20 der Gemeindehaushaltsverordnung vorgeschriebene Mindesteinlage aufgezehrt sein wird und keine weiteren Entnahmen in den folgenden Jahren mehr ermöglichen wird.

Weitere Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung sind demzufolge zukünftig zwingend notwendig. Ziel sollte es sein, die Verschuldung möglichst vollständig abzubauen. Kurzfristige Investitionen in die Infrastruktur – wie beispielsweise durch das integrierte Handlungskonzept vorgesehen – müssen hiervon jedoch weitestgehend unbeeinträchtigt bleiben, da diese zur dauerhaften Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Stadt erforderlich sind und somit die zukünftige Finanzsituation wesentlich beeinflussen.

Jugendamt

Eine Menge Geld wird von der Stadt Geilenkirchen im kommenden Jahr auch in das neue Jugendamt „investiert“: 4,624 Mio. € zuzüglich der Personalkosten, um genau zu sein. Vergleicht man dies mit den Aufwendungen, welche die Stadt noch in diesem Jahr zu tragen hatte, als die Zuständigkeit noch beim Kreis lag, so kommt man auf eine Mehrbelastung in Höhe von ca. 300.000 €. In Anbetracht dieser Zahlen werden bereits erste Zweifler laut, die infrage stellen, ob der „Tausch ein finanziell gutes Geschäft ist“ .

Trotz der zunächst höheren Kosten erhofft sich die BÜRGERLISTE durch die Übernahme des Jugendamtes eine einschneidende Verbesserung der Jugendhilfe und steht daher ausdrücklich hinter dessen Einrichtung. Nahezu alle Vorbereitungen sind zwischenzeitlich getroffen, so dass das Jugendamt am 01.01.2008 endgültig seine Arbeit aufnehmen kann. Dies wird – so die Erwartung – mittelfristig einen äußerst positiven Effekt auf unsere Stadt haben. Es wäre daher zu kurz gedacht, in diesem Fall nur die finanziellen Aspekte zu berücksichtigen. Zudem kann man davon ausgehen, dass mit der verbesserten Jugendarbeit auch die Kosten des Jugendamtes auf Dauer noch zu senken sein werden.

Wünschenswert wäre es, wenn mit dem Start des Jugendamtes auch die Jugendarbeit stärker gefördert werden könnte. Wie bereits schon mehrfach von uns angemahnt, sollten die Zuschüsse für Jugendverbände- und Vereine, welche schon seit Jahren bei 10.200 € stagnieren , endlich erhöht werden. Auch eine stärkere Förderung von Jugendaktivitäten muss – wie von uns bereits Anfang 2006 beantragt – endlich umgesetzt werden.
Wir fordern die CDU-Fraktion daher nachdrücklich auf, sich zusammen mit allen Fraktionen dieser Problematik endlich anzunehmen und eine deutliche Verbesserung herbeizuführen. Die Etablierung des städtischen Jugendamtes muss hier zu einer Initialzündung führen!

Fazit

Alles in allem handelt es sich bei dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2008 um ein sehr gefälliges Werk. In diesem Zusammenhang sei insbesondere nochmals der Finanzierungsüberschuss im Verwaltungshaushalt positiv angemerkt!

Was die angesprochenen kleineren „Schönheitsfehler“ angeht, so kann über diese von Seiten der BÜRGERLISTE zum jetzigen Zeitpunkt hinweggesehen werden. Allerdings sollten in den nächsten Jahren Anstrengungen erkennbar sein, diese zu beheben.

Insgesamt sieht die BÜRGERLISTE jedoch zum jetzigen Zeitpunkt und in Anbetracht der vorgelegten Zahlen hoffnungsvoll und optimistisch in die Zukunft und stimmt daher dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf 2008 zu. Sollten Sie, Herr Wolff, durch verschiedene Anträge den Haushaltsplanentwurf jedoch wesentlich verändern und dadurch die Neuverschuldung erhöhen, wird der vorliegende Haushaltsplanentwurf zur Makulatur. In diesem Fall können Sie nicht mit unserer Zustimmung rechnen. Dabei geht es uns jedoch ausdrücklich nicht darum, eine Erweiterung der Gesamtschule abzulehnen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

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