Sehr
geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen
und Ratskollegen,
sehr verehrte
Damen und Herren,
am selben Tag
, an dem Sie, Herr Bürgermeister Borghorst, vor vier
Wochen den Haushaltsplanentwurf 2008 in der Sitzung des
Haupt- und Finanzausschusses einbrachten, berichtete der
Spiegel in seiner Online-Ausgabe wie folgt:
„Länder
und Kommunen schreiben schwarze Zahlen. Wirtschaftswachstum,
sprudelnde Steuereinnahmen, erste Auswirkungen der Hartz-Reformen
– Bund, Länder und Kommunen können erstmals
seit fast 20 Jahren wieder einen ausgeglichenen Staatshaushalt
ausweisen. Das Glück währt allerdings nur ein
Jahr.“
Auch die Stadt
Geilenkirchen kann das Jahr 2007 voraussichtlich mit einem
strukturell ausgeglichenen Haushalt abschließen. Und
abweichend von der eben zitierten Meldung des Spiegels währt
bei uns das „Glück“ offenbar sogar noch
länger als eben „nur ein Jahr“, denn:
Der Haushaltsplanentwurf
für das Jahr 2008 weist erstmals seit vielen Jahren
einen echten Finanzierungsüberschuss in Höhe von
840.000 € aus!
Was oberflächlich
betrachtet zunächst ausgesprochen positiv klingt, ist
jedoch im Detail mit einigen kleinen „Schönheitsfehlern“
behaftet:
Schlüsselzuweisungen
Die positive
Entwicklung wird in erster Linie durch einen starken Anstieg
der Schlüsselzuweisungen getragen. Im Vergleich zum
Jahr 2006 haben sich diese nahezu verdoppelt und betragen
nunmehr 9,537 Mio. Euro . Schlüsselzuweisungen sind
jedoch an eine komplizierte Anrechnungssystematik gekoppelt.
Einfach ausgedrückt: je geringer die Pro-Kopf-Steuerkraft
einer Kommune im Vergleich zu allen anderen Kommunen des
Landes ist, desto höher fällt die Schlüsselzuweisung
aus. Eine hohe Schlüsselzuweisung bedeutet demnach
zugleich auch eine niedrige Steuerkraft der Kommune.
Der starke Anstieg
der Schlüsselzuweisungen für die Stadt Geilenkirchen
belegt folglich, dass die Stadt bezüglich ihrer ohnehin
unterdurchschnittlichen Steuerkraft im landesweiten Vergleich
weiter zurückgefallen ist.
Die von Ihnen, Herr Bürgermeister, und von der Mehrheitsfraktion
immer wieder hervorgehobene und gepriesene gute Gewerbe-
und Wirtschaftspolitik war offenbar weniger erfolgreich,
als Sie uns gerne glauben machen wollen!
Diese grundsätzliche
Tendenz lässt sich auch im örtlichen Einzelhandel
feststellen. Jahr für Jahr wird in Geilenkirchen weniger
Umsatz generiert: zwischen 2001 und 2005 sank der Gesamtumsatz
des Einzelhandels um 24,8 Millionen Euro auf nur noch 97,6
Millionen Euro. Und die sogenannte „Zentralitätskennziffer“
zeigt ein ähnlich desaströses Bild für Geilenkirchen
auf: sie sank zwischen 2001 und 2007 von 91,9 Prozent auf
70,5 Prozent, was bedeutet, dass nahezu 30 Prozent der Kaufkraft
in Geilenkirchen zur Zeit ins Umland abfließt.
Hier ist dringend
weiteres Handeln notwendig! Viele Maßnahmen sind bereits
auf den Weg gebracht worden und müssen nunmehr im kommenden
Jahr konsequent vorangetrieben und weiterentwickelt werden:
In diesem Zusammenhang
ist auch anzumerken, dass wir von der BÜRGERLISTE es
begrüßen, dass der eingangs erwähnten Finanzierungsüberschuss
in Höhe von 840.000 € im Haushaltsplanentwurf
nicht – wie zum Beispiel von Industrie- und Handelskammer
und jetzt auch von der CDU-Fraktion gefordert – zur
Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes genutzt wird, sondern
stattdessen in die infrastrukturelle Fortentwicklung der
Stadt Geilenkirchen investiert wird. Dies kommt nicht nur
den Gewerbetreibenden zugute, sondern auch allen Bürgerinnen
und Bürgern und wird mittelfristig Geilenkirchen zu
einer attraktiven Wohn- und Gewerbestadt machen. Wir werden
einem Antrag der CDU-Fraktion auf Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes
daher nicht zustimmen.
Neuverschuldung
Als weiterer
„Schönheitsfehler“ ist der Schuldenstand
und die Neuverschuldung anzumerken: Trotz des Finanzierungsüberschusses
kommt der Haushaltsplan 2008 nicht ohne eine erneute Netto-Neuverschuldung
in Höhe von ca. 2,5 Millionen Euro aus. Der Schuldenstand
wird sich zum Ende des Haushaltsjahres 2008 dann –
so die Prognose – bei rund 28 Millionen Euro bewegen
, was einer Pro-Kopf-Verschuldung von 982 Euro und 17 Cent
gleich kommt. Durch diesen Schuldenstand wird der Haushalt
zur Zeit mit jährlichen Zinszahlungen in Höhe
von 951.000 € belastet.
Eine höhere Neuverschuldung kann zudem – wie
bereits in den Vorjahren – nur durch den Griff in
die allgemeine Rücklage vermieden werden. Immerhin
1 Million Euro sollen dieses Mal entnommen werden, womit
die Rücklage dann bis auf die nach § 20 der Gemeindehaushaltsverordnung
vorgeschriebene Mindesteinlage aufgezehrt sein wird und
keine weiteren Entnahmen in den folgenden Jahren mehr ermöglichen
wird.
Weitere Maßnahmen
zur Haushaltskonsolidierung sind demzufolge zukünftig
zwingend notwendig. Ziel sollte es sein, die Verschuldung
möglichst vollständig abzubauen. Kurzfristige
Investitionen in die Infrastruktur – wie beispielsweise
durch das integrierte Handlungskonzept vorgesehen –
müssen hiervon jedoch weitestgehend unbeeinträchtigt
bleiben, da diese zur dauerhaften Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit
der Stadt erforderlich sind und somit die zukünftige
Finanzsituation wesentlich beeinflussen.
Jugendamt
Eine Menge Geld
wird von der Stadt Geilenkirchen im kommenden Jahr auch
in das neue Jugendamt „investiert“: 4,624 Mio.
€ zuzüglich der Personalkosten, um genau zu sein.
Vergleicht man dies mit den Aufwendungen, welche die Stadt
noch in diesem Jahr zu tragen hatte, als die Zuständigkeit
noch beim Kreis lag, so kommt man auf eine Mehrbelastung
in Höhe von ca. 300.000 €. In Anbetracht dieser
Zahlen werden bereits erste Zweifler laut, die infrage stellen,
ob der „Tausch ein finanziell gutes Geschäft
ist“ .
Trotz der zunächst
höheren Kosten erhofft sich die BÜRGERLISTE durch
die Übernahme des Jugendamtes eine einschneidende Verbesserung
der Jugendhilfe und steht daher ausdrücklich hinter
dessen Einrichtung. Nahezu alle Vorbereitungen sind zwischenzeitlich
getroffen, so dass das Jugendamt am 01.01.2008 endgültig
seine Arbeit aufnehmen kann. Dies wird – so die Erwartung
– mittelfristig einen äußerst positiven
Effekt auf unsere Stadt haben. Es wäre daher zu kurz
gedacht, in diesem Fall nur die finanziellen Aspekte zu
berücksichtigen. Zudem kann man davon ausgehen, dass
mit der verbesserten Jugendarbeit auch die Kosten des Jugendamtes
auf Dauer noch zu senken sein werden.
Wünschenswert
wäre es, wenn mit dem Start des Jugendamtes auch die
Jugendarbeit stärker gefördert werden könnte.
Wie bereits schon mehrfach von uns angemahnt, sollten die
Zuschüsse für Jugendverbände- und Vereine,
welche schon seit Jahren bei 10.200 € stagnieren ,
endlich erhöht werden. Auch eine stärkere Förderung
von Jugendaktivitäten muss – wie von uns bereits
Anfang 2006 beantragt – endlich umgesetzt werden.
Wir fordern die CDU-Fraktion daher nachdrücklich auf,
sich zusammen mit allen Fraktionen dieser Problematik endlich
anzunehmen und eine deutliche Verbesserung herbeizuführen.
Die Etablierung des städtischen Jugendamtes muss hier
zu einer Initialzündung führen!
Fazit
Alles in allem
handelt es sich bei dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf
für das Jahr 2008 um ein sehr gefälliges Werk.
In diesem Zusammenhang sei insbesondere nochmals der Finanzierungsüberschuss
im Verwaltungshaushalt positiv angemerkt!
Was die angesprochenen
kleineren „Schönheitsfehler“ angeht, so
kann über diese von Seiten der BÜRGERLISTE zum
jetzigen Zeitpunkt hinweggesehen werden. Allerdings sollten
in den nächsten Jahren Anstrengungen erkennbar sein,
diese zu beheben.
Insgesamt sieht
die BÜRGERLISTE jedoch zum jetzigen Zeitpunkt und in
Anbetracht der vorgelegten Zahlen hoffnungsvoll und optimistisch
in die Zukunft und stimmt daher dem vorliegenden Haushaltsplanentwurf
2008 zu. Sollten Sie, Herr Wolff, durch verschiedene Anträge
den Haushaltsplanentwurf jedoch wesentlich verändern
und dadurch die Neuverschuldung erhöhen, wird der vorliegende
Haushaltsplanentwurf zur Makulatur. In diesem Fall können
Sie nicht mit unserer Zustimmung rechnen. Dabei geht es
uns jedoch ausdrücklich nicht darum, eine Erweiterung
der Gesamtschule abzulehnen.
Ich danke für
Ihre Aufmerksamkeit!