Rede
zum Haushalt 2007 in der Sitzung des Stadtrates am 12.12.06:
Sehr
geehrter Herr Bürgermeister,
liebe
Ratskolleginnen und Ratskollegen,
sehr
verehrte Damen und Herren,
es
sind noch keine neun Monate her, dass hier, an dieser Stelle,
der Haushalt für das Jahr 2006 verabschiedet wurde. Diesen
Haushalt, zu dem ich als Fraktionsvorsitzender der BÜRGERLISTE
erstmals eine Haushaltsrede halten durfte, haben wir seinerzeit
scharf kritisiert und aufgrund konträrer Zielvorstellungen
auf vielen Gebieten konsequent abgelehnt. Entscheidende Mängel
in so wichtigen Bereichen wie der Jugendförderung oder
der Bildung haben es uns seinerzeit unmöglich gemacht,
dem Entwurf zuzustimmen.
Albert
Einstein sagte einmal „Mehr als die Vergangenheit interessiert
mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben.“
Wenn
heute der Haushalt für das Jahr 2007 verabschiedet wird,
ist es getreu diesem Zitat daher an der Zeit, nach vorne zu
schauen und zu überprüfen, ob mit dem vorgelegten
Haushaltsplanentwurf die Weichen für die künftige
Entwicklung der Stadt Geilenkirchen in die richtige Richtung
gestellt werden oder ob weiterhin die hölzerne Starre
der letzten Jahre die Zukunft Geilenkirchens bestimmen wird.
Lassen
Sie mich daher das Augenmerk auf einige ausgewählte Beispiele
im vorgelegten Haushaltsplanentwurf lenken und gemeinsam überprüfen,
welche Entwicklungen sich in den kommenden 12 Monaten darin
abzeichnen.
Beispiel
Jugendförderung:
Erst
kürzlich wurde von Herrn Stüßer in einem Kommentar
in der Geilenkirchener Zeitung zutreffend festgestellt, dass
die „Geilenkirchener Jugendlichen keinen Treffpunkt
haben, ein städtisches Jugendzentrum oder was man auch
nur annähernd so bezeichnen könnte, fehlt gänzlich“
Bereits seit geraumer Zeit fordert die BÜRGERLISTE deshalb,
die Jugendförderung in Geilenkirchen weitreichend auszubauen
und so Jugendlichen mehr Möglichkeiten abseits der Straße
zu bieten. Sowohl das zum Verkauf stehende Bahnhofsgebäude
als auch Teile des bereits im Besitz der Stadt Geilenkirchen
befindlichen Hauses Basten bieten sich zum Beispiel geradezu
zur Errichtung eines Jugendzentrums an.
Getan
hat sich in den letzten Jahren indes wenig. Verwaltung und
CDU-Fraktion haben alle Vorschläge zum Ausbau der Jugendförderung
stets mit Hinweis auf die Zuständigkeit des Kreises in
Jugendhilfe-angelegenheiten abgelehnt. Ferner wurde argumentiert,
dass von der Stadt Geilenkirchen bereits genügend zusätzliche
Mittel bereit gestellt würden.
Dass der Kreis Heinsberg jedoch seine Aufgaben nicht immer
zu aller Zufriedenheit erfüllt hat, hat mittlerweile
auch die CDU-Fraktion einsehen müssen. Die zusätzlich
von der Stadt Geilenkirchen bereitgestellten Mittel stellten
bei der Menge an Versäumnissen nur den sprichwörtlichen
Tropfen auf dem heißen Stein dar, der kaum mehr Verbesserungen
zu bringen vermochte.
Die
Folgen sind bekannt: in keiner anderen Kommune im Kreis Heinsberg
befanden sich beispielsweise im Jahr 2005 so viele minderjährige
Kinder und Jugendliche in Heimerziehung wie in Geilenkirchen
und auch der Einsatz der „schwarzen Sheriffs“
ist uns allen noch gut in Erinnerung.
Schaut
man in den Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2007, so
könnte man aufgrund der „nackten Zahlen“
zunächst einmal vermuten, dass die Jugendarbeit auch
zukünftig weiterhin stiefmütterlich behandelt werden
soll: wie bereits in den Vorjahren sind beispielsweise lediglich
10.200 € an Zuschüssen für Jugendverbände
und –vereine und 2.000 € für Jugendveranstaltungen
eingeplant . Mittel für die Errichtung eines Jugendzentrums
fehlen gänzlich. Die Gesamtmittel für die Einrichtungen
der Jugendhilfe steigen zwar um ca. 300.000 € an –
allerdings sind darin auch die Ausgaben für den Kindergarten
Immendorf enthalten, der sich erstmals in städtischer
Trägerschaft befindet. Kosten hierfür: genau jene
angesprochenen 300.000 € , so dass effektiv keine Steigerung
der Ausgaben für die Jugendförderung eingeplant
ist.
Trotzdem
gibt es unserer Meinung nach Anlass für Optimismus: Zur
Zeit zeichnet sich eine Mehrheit im Rat der Stadt Geilenkirchen
für die Einrichtung eines städtischen Jugendamtes
ab. Sollte in der heutigen Sitzung der Beschluss gefasst werden,
dass die Stadt Geilenkirchen zukünftig ein eigenes Jugendamt
betreibt, welches sich vor Ort mit geschultem und qualifiziertem
Personal um die Belange der Jugendlichen kümmert, seine
Kräfte effektiv zum Wohl der Jugendlichen einsetzt und
Maßnahmen zur besseren Jugendförderung auf den
Weg bringt, so wären unsere Forderungen nach einer verbesserten
Jugendhilfe zwar noch nicht erfüllt, aber wir befänden
uns zumindest auf dem richtigen Wege.
In
Anbetracht dieser positiven Aussichten könnten wir dann
auch hinnehmen, dass der jetzt vorliegende Haushaltsplanentwurf
2007 noch keine Mittelaufstockung für den Bereich der
Jugendförderung vorsieht.
Beispiel
Bildungspolitik:
Noch
Anfang dieses Jahres haben wir davor gewarnt, dass Geilenkirchen
die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Bildungspolitik
zu verschlafen droht. Eine baldige Eröffnung von offenen
Ganztagsschulen in Geilenkirchen war seinerzeit noch nicht
absehbar. Doch auch hier hat sich seither vieles getan. Nach
dem momentanen Stand der Dinge werden zum Beginn des nächsten
Schuljahres mindestens zwei städtische Schulen den Betrieb
als offenen Ganztagsschule aufnehmen. Die dazu notwendigen
Änderungen im Haushaltsplan sind im vorliegenden Entwurf
bereits vorgenommen worden.
Somit
kommen in Kürze auch die Geilenkirchener Bürger
in den Genuss der Vorteile der offenen Ganztagsschule, die
da wären:
-
zusätzliche Bildungschancen für die teilnehmenden
Kinder und
-
eine verbesserte Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf
für die Eltern.
Voraussetzung
jedoch ist, dass in den offenen Ganztagsschulen eine fachlich
fundierte pädagogische Betreuung für den Nachmittagsbereich
stattfindet, dass heißt Fördermaßnahmen sowohl
für schwach- wie auch hochbegabte.
Auch
im Bereich der Bildung kann man also von einer durchweg positiven
Entwicklungen sprechen.
Beispiel
Energiesparkonzept:
Die
möglichst vollständige Ausschöpfung aller Energieeinsparpotentiale
bei städtischen Liegenschaften, wie sie bereits seit
Jahren unisono von allen Oppositionsfraktionen im Rat der
Stadt Geilenkirchen gefordert wird, stellt eine der Hauptforderungen
der letztjährigen Haushaltsrede der BÜRGERLISTE
dar. Auf diesem Gebiet, so teilte die Verwaltung unlängst
mit, wurden für die stadteigenen Gebäude und Einrichtungen
mittlerweile einige Fortschritte bei der Planung und Umsetzung
von Energiesparmaßnahmen erzielt. Eine umfassende Information
über diese Fortschritte steht leider noch aus, wurde
jedoch zugesagt. Seitens der BÜRGERLISTE wird von der
Verwaltung erwartet, dies möglichst zeitnah zu machen.
Die bisher durchgeführten Maßnahmen müssen
transparent und nachvollziehbar dargestellt werden.
Insgesamt
ist jedoch festzustellen, dass in den Bereich „Energiesparkonzept“
nach Jahren des Stillstandes endlich Bewegung gekommen ist.
Dies werten wir als ein durchweg positives Signal.
Zukünftig
müssen die Anstrengungen zur Einsparung von Energiekosten
selbstverständlich noch weiter intensiviert werden und
auf weitere Gebiete ausgedehnt werden. So unterstützt
die BÜRGERLISTE die Forderung der Grünen, die Straßenbeleuchtung
im gesamten Stadtgebiet auf ihr mögliches Energiesparpotential
hin zu untersuchen. Darüber hinausgehend streben wir
an, den Bereich „Straßenbeleuchtung“ in
das Energiesparkonzept der Stadt Geilenkirchen aufzunehmen.
Die von der „West Energie und Verkehr“ in der
Umwelt- und Bauausschusssitzung am 14.11.2006 dargelegten
Möglichkeiten zur Kostensenkung in diesem Bereich reichen
bei weitem nicht aus. Detaillierte Konzepte müssen erarbeitet
werden, welche in ihrer Gesamtheit Aufschluss darüber
geben können, mit welcher Technik geringere Energiekosten
für die Stadt Geilenkirchen erreicht werden können.
Unter Umständen ist auch eine sukzessive Umstellung der
vorhandenen Technik möglich und sinnvoll.
Fakt
jedenfalls ist: andere Städte und Gemeinden haben in
diesem Bereich erhebliche Einsparungen erzielen können.
Für uns sind keine Gründe ersichtlich, dass dies
in Geilenkirchen nicht möglich sein sollte.
Und: Jede Kostenersparnis in diesem Bereich stellt eine willkommene
Entlastung des Haushaltes dar und trägt somit zu einer
geringeren Neuverschuldung bei.
Somit
sind wir beim Beispiel Haushaltsausgleich angelangt:
Glaubt
man den Zahlen des vorgelegten Haushaltsplanentwurfes, so
kann auch im Jahr 2007 der Ausgleich des Haushaltes erneut
nur durch eine Entnahme aus der allgemeinen Rücklage
gelingen. Es besteht insgesamt ein strukturelles Defizit von
ca. 1,4 Millionen Euro. Trotzdem sinkt die allgemeine Rücklage
nicht unter das Maß der nach § 20 der Gemeindehaushaltsverordnung
vorgeschriebenen Höhe wie noch laut Haushaltsplan 2006
zu befürchten war. Insoweit zeichnet sich auch hier eine
weitaus positivere Entwicklung ab als es noch zu Beginn des
Jahres zu erwarten war.
Ein
gewisses Restrisiko bleibt jedoch bestehen: sollte sich bei
einigen der knapp kalkulierten Haushaltsstellen herausstellen,
dass der Haushaltsansatz wider Erwarten nicht ausreichend
hoch angesetzt ist, kann sich das strukturelle Defizit schnell
noch ausdehnen.
Potentiell
geschehen könnte dies beispielsweise beim Haushaltsansatz
für die Lehrmittelfreiheit.
Bekanntermaßen
sind nach der vom Landtag am 22.06.2006 beschlossenen Änderung
des Schulgesetzes die Kinder von Empfängern von Hilfe
zum Lebensunterhalt vom Eigenanteil an Schulbüchern befreit,
Arbeitslosengeld-II-Empfänger jedoch neuerdings von dieser
Befreiung ausgeschlossen . Um diese Ungleichbehandlung zu
beseitigen und der Gefahr vorzubeugen, dass sich zukünftig
Kinder aus finanziellen Gründen keine Schulbücher
mehr leisten können, beantragte die ?ÜRGERLISTE
seinerzeit, dass die Stadt Geilenkirchen den Eigenanteil für
die Kinder von Arbeitslosengeld-II-Empfängern übernimmt.
Obwohl
dieser Antrag von der CDU- und FDP-Fraktion in der Ratssitzung
am 06.09.2006 abgelehnt wurde, hatte die CDU-Fraktion der
BÜRGERLISTE zugestanden, im Bedarfsfall den betroffenen
Kindern Hilfe zukommen zu lassen.
Eine
anschließend durchgeführte Befragung der Schulleiter
zu diesem Thema machte deutlich, dass es einigen Eltern bereits
zum Schuljahresbeginn 2006 nicht aus eigener Kraft möglich
gewesen war, den Eigenanteil aufzubringen. Zudem wurde bei
dieser Befragung die Dunkelziffer derer, die den Eigenanteil
nur durch Hilfe Dritter aufbringen konnten, nicht erfasst.
Es
kann davon ausgegangen werden, dass diese Personen die gemachten
Zugeständnisse zu Beginn des nächsten Schuljahres
beim Wort nehmen und sich vermehrt an die Verwaltung mit der
Bitte um Übernahme des Eigenanteils wenden werden.
Ob der Haushaltsansatz von insgesamt 94.000 € für
die Lehrmittelfreiheit, der im Vergleich zum Vorjahr nicht
erhöht wurde, dann wirklich ausreichend ist, bleibt abzuwarten.
Ein
geringfügiger Mehraufwand in diesem Bereich wäre
vom Haushalt jedoch durchaus zu verkraften, zumal an anderer
Stelle einige Einnahmepositionen sehr vorsichtig geschätzt
sind und daher noch eine Verbesserung des Haushaltsergebnisses
vermuten lassen. Bei Bedarf könnte im Zuge einer überplanmäßigen
Ausgabe auf diese zusätzlichen Einnahmen zurückgegriffen
werden.
Bevor ich zum Schluss komme, möchte ich noch folgendes
positiv herausstellen: Bereits seit Jahren fordert die BÜRGERLISTE
die Einrichtung von Ausbildungsplätzen in der Stadtverwaltung
Geilenkirchen. Im Stellenplan 2007 sind nun endlich mehrere
Ausbildungsplätze vorgesehen. Wir begrüßen
dies ausdrücklich. Auf diese Weise trägt die Stadt
Geilenkirchen im nächsten Jahr trotz schwieriger Haushaltslage
endlich wieder dazu bei, Jugendlichen nach Abschluss ihrer
Schullaufbahn eine Ausbildung zu ermöglichen und stellt
dadurch ein gutes Vorbild für Wirtschaft, Handwerk und
Gewerbe dar. Nachahmer aus diesen Bereichen sind ausdrücklich
erwünscht!
Meine Damen und Herren,
für
die Zustimmung oder Ablehnung des vorgelegten Haushaltsentwurfes
ist für die BÜRGERLISTE die Frage ausschlaggebend,
ob die Absichten bezüglich des städtischen Jugendamtes
und des Energiesparkonzeptes von der Verwaltung und (endlich)
auch von der CDU-Mehrheitsfraktion in der bisher erkennbaren
Form beschlossen und verwirklicht werden. Aufgrund der jetzt
bekannten Pläne und in der Annahme, dass diese Pläne
beschlossen und umgesetzt werden, könnten wir in Vorleistung
gehen und den vorgelegten Haushalt mittragen.
Diese
Umsetzung vorausgesetzt lässt der Haushalt 2007 unserer
Meinung nach erstmals erkennen, dass viele unserer Forderungen
der letzten Jahre – zum Beispiel Ausbau der Jugendförderung
und Umsetzung des Energiesparkonzeptes – zwar noch lange
nicht erfüllt sind, die Stadt Geilenkirchen sich gleichwohl
endlich auf dem Weg zum Ziel befindet.
Unter
Würdigung dieses Aspektes wird die BÜRGERLISTE dem
Haushalt 2007 daher zustimmen.
Ich
danke für Ihre Aufmerksamkeit.
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