P a r t e i u n a b h ä n g i g e - k o m m u n a l p o l i t i s c h e - V e r e i n i g u n g

Rede zum Haushalt 2006 in der Sitzung des Stadtrates am 29.03.06:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr verehrte Damen und Herren,

für die Stadt Geilenkirchen wurde in diesem Jahr der Haushaltsplan erst nach Beginn des Haushaltsjahres eingebracht. Dies ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Lage der öffentlichen Haushalte weiterhin äußerst angespannt ist. Die Aufstellung eines ausgeglichenen Haushaltes wird immer schwieriger, die Zeiten des Überflusses sind schon lange vorbei.
Umso wichtiger ist es daher, bei der Verausgabung der zur Verfügung stehenden Finanzmittel die richtigen Schwerpunkte zu setzen.

Auch wenn es erfreulich ist, dass die Stadt Geilenkirchen im Jahr 2006 erneut einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen kann, wird durch den Haushaltsentwurf wieder deutlich, dass wesentliche Betätigungsfelder für das kommunale Wirken erneut mit viel zu wenig Mitteln bedacht werden sollen:

So wird bereits seit Jahren von der CDU-Mehrheitsfraktion zu wenig Gewicht auf die Belange der Jugend gelegt. Im vorliegenden Haushaltsentwurf werden erneut „nur“ 10.200 € an Zuschüssen für Jugendverbände und -Vereine sowie 2.000 € für Jugendveranstaltungen bereit gestellt. Am Gesamtvolumen des Verwaltungshaushaltes gemessen sind dies gerade einmal 0,027 %.
Selbst die bauliche Unterhaltung von Jugendheimen – im Haushaltsentwurf mit 20.000 € bedacht – betrifft meistenteils solche Jugendheime, die neben ihrer eigentlichen Nutzung auch anderweitigen Gebrauch finden und den Jugendlichen somit nicht ständig zur Verfügung stehen.

Zwar ist generell der Kreis Heinsberg für die Jugendhilfe zuständig. Der jedoch verweist stets darauf, dass Projekte wie die Schaffung von Jugendstätten oder anderer Einrichtungen für Jugendliche auch Aufgabe der kreisangehörigen Städte und Gemeinden ist. In Geilenkirchen ist dies indessen nur unzureichend geschehen – und das bereits seit Jahrzehnten!
Durch diese andauernden Versäumnisse fehlt den Jugendlichen in unserer Stadt mittlerweile fast jegliche Möglichkeit einer sinnvollen Freizeitgestaltung. Es ist daher nicht verwunderlich, dass in Geilenkirchen Vandalismus und Jugendkriminalität immer mehr zu einem Problem werden.
Bürgermeister Borghorst hat durch die umstrittene Einsetzung eines – mittlerweile wieder außer Dienst gestellten – privaten Sicherheitsdienstes versucht, die Symptome dieser Versäumnisse zu lindern. Die Ursachen, welche insbesondere in der mangelnden Jugendförderung zu suchen sind, bleiben indes jedoch weiterhin unbehandelt.

Hier besteht ein dringender Handlungsbedarf!

Andere Städte haben dies bereits erkannt. So wurde beispielsweise vor wenigen Tagen bekannt , dass Übach-Palenberg einen neuen Abenteuer-Spielplatz schaffen wird. Der dortige CDU-Sprecher erklärte, dass etwas für die Jugendlichen getan werden müsse. Man könne nicht nur über Jugendliche, die irgendwo irgendwelchen Lärm machen, motzen.

Wir würden uns wünschen, solche Sätze auch von der hiesigen CDU zu hören!

Wenn auch seitens der CDU/FDP-geführten Landesregierung in NRW die Mittel für den Jugendbereich um 30 % gekürzt wurden, so kann und braucht unsererseits auf die Ausschüttung von 70 % Zuschüssen nicht verzichtet werden.

Kurzfristige Finanzierungsmöglichkeiten für die notwendigen Maßnahmen sind durchaus vorhanden:

So könnten die im Haushaltsentwurf eingestellten, aber zur Zeit nicht benötigten Gelder für den privaten Sicherheitsdienst in die Jugendförderung überführt werden.

Weiterhin könnten 25.000 € von Haushaltsstelle 56000.51000 (Unterhaltung und Modernisierung der Sportplätze) für die offene Jugendarbeit verwendet werden. Die ursprünglich für die Sanierung des Tennenbelages am Waldstadion eingeplanten Mittel werden für diesen Zweck nicht mehr benötigt, da die Finanzierung der Sanierung nach den momentanen Erkenntnissen komplett über die im Vermögenshaushalt bereitgestellten Mittel sichergestellt ist.

Langfristig sind weitere Finanzierungsmöglichkeiten gegeben, die an dieser Stelle einmal als Denkanstoß für die Zukunft genannt werden sollen:

Aufwandsentschädigung für Ortsvorsteher:
Die Hauptaufgabe der Ortsvorsteher ist nach § 39 Absatz 7 Satz 1 der Gemeindeordnung, die Belange ihres Bezirks gegenüber dem Rat wahrzunehmen und Bindeglied zwischen Bevölkerung und Rat zu sein. Was für die weit vom Rathaus entfernten Stadtteile auch sinnvoll ist, erscheint zumindest für den Stadtkern aufgrund der Nähe zum Rathaus als eher bedeutungslos. Da es nach der Gemeindeordnung nicht notwendig ist, für das gesamte Stadtgebiet Ortsvorsteher zu wählen, stellt sich die Frage, ob für den Innenstadtbereich nicht komplett auf einen Ortsvorsteher verzichtet werden kann. Dadurch wäre eine Einsparung in Höhe von 1.908 € jährlich möglich, die dann zum Beispiel für die Jugendförderung verwendet werden könnte. Eventuell vom Ortsvorsteher bisher wahrgenommene Repräsentationsaufgaben könnten in gleicher Qualität ebenso gut von den ohnehin nur gering beschäftigten stellvertretenden Bürgermeistern ausgeführt werden.

Stellvertretende Bürgermeister:
Die Stadt Geilenkirchen leistet sich den Luxus von drei (!!!) stellvertretenden Bürgermeistern. Gesetzlich erforderlich wären jedoch nur zwei. Eine Reduzierung ist zwar erst mit Ende der Wahlzeit im Jahre 2009 möglich, dafür beträgt das Einsparpotential hier aber immerhin 4.410 € jährlich. Insbesondere die CDU-Fraktion sollte sich daher einmal Gedanken darüber machen, ob sie zukünftig nicht zugunsten der Jugendarbeit auf den von ihr gestellten dritten stellvertretenden Bürgermeister verzichten kann.


Kritik ist auch im Bereich der Bildungspolitik in Geilenkirchen angebracht: Offene Ganztagsschulen könnten unseren Kindern zusätzliche Bildungschancen eröffnen und den Eltern die Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf erleichtern. Doch Geilenkirchen droht, diese Entwicklung zu verschlafen:

Während viele andere Kommunen bereits seit längerem die Einrichtung offener Ganztagsangebote vorantreiben und dabei regen Gebrauch von den einschlägigen Förderprogrammen machen, beschränkt sich Geilenkirchen bisher auf Angebote wie „Silentien“ , „Schule von 8 bis 1“ und „Dreizehn Plus“ .
Diese Angebote alleine schaffen jedoch noch keine Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Erst der konsequente nächste Schritt – die Einrichtung von offenen Ganztagsschulen im Primarbereich, die eine bedarfsgerechte und verlässliche Ganztagsbetreuung in der Schulzeit, an unterrichtsfreien Tagen und in den Ferien garantieren – ermöglicht dies. Gleichzeitig wird dadurch das Bildungs- und Förderangebot für die teilnehmenden Schüler nochmals vergrößert.

Doch Geilenkirchen steht der Offenen Ganztagsschule bisher eher ablehnend gegenüber. Andere Gemeinden des Kreises Heinsberg zeigen sich da viel fortschrittlicher: Wassenberg baut zur Zeit seine Ganztagsbetreuung weiter aus und auch Gangelt, Hoengen, Breberen und Waldfeucht sind in dieser Richtung tätig.

Meine Damen und Herren,

es ist an der Zeit, dass sich die Stadt Geilenkirchen bei solch` fortschrittlichen Projekten auch einmal rechtzeitig bewegt!


Doch nicht nur im Bildungsbereich werden notwendige Schritte viel zu zögerlich angegangen:
Bereits im November 2004 wurden Kostensenkungspotentiale bezüglich des Energieverbrauchs bei der alten Schule in Süggerath aufgezeigt. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass bis zum Ende dieses Jahres ein Energiesparkonzept für alle Liegenschaften der Stadt Geilenkirchen erstellt werde. Wir haben dies damals ausdrücklich begrüßt und unter anderem als Konsequenz daraus dem Haushalt 2005 zugestimmt.

Doch der Fortschritt, den wir damals meinten erkennen zu können, ist leider zwischenzeitlich zum Stillstand gekommen. Die Umsetzung der Vorschläge für die alte Schule in Süggerath lässt weiter auf sich warten. Währenddessen geht aufgrund der veralteten Heizungsanlage viel Energie und damit viel Geld nutzlos verloren. Und eine Änderung dieser haltlosen Situation ist nicht in Sicht, denn auch im aktuellen Haushaltsentwurf sind keine Mittel zur Umsetzung der damals unterbreiteten Energiesparvorschläge oder zur Erneuerung der Heizungsanlage vorgesehen.
Die Mühlen in Geilenkirchen mahlen offenbar langsam!

Wenn am Ende dieses Jahres das Energiesparkonzept für alle Liegenschaften der Stadt vorgelegt wird, bleibt abzuwarten, ob die dann gemachten Vorschläge auch so zögerlich wie in Süggerath umgesetzt werden. Dabei bestehen gerade in diesem Bereich noch erhebliche Einsparpotentiale, welche schnellstmöglich ausgeschöpft werden sollten. Mangelhafte Anlagen und Einrichtungen sollten daher unverzüglich so neu gestaltet werden, dass die maximale Energiemenge eingespart werden kann. Neuanlagen und –Einrichtungen sind schon jetzt mit energiesparender Technik zu versehen.


Apropos „Haushalt 2005“: In ihrer letztjährigen Haushaltsrede schrieb die CDU-Mehrheitsfraktion sich noch stolz auf die Fahnen, dass zur Erstellung eines ausgeglichenen Haushaltes kein Rückgriff auf die Rücklage notwendig gewesen ist. Ich zitiere: „Dies ist im Wesentlichen auf die gestiegenen Gewerbesteuereinnahmen im 2. Halbjahr zurückzuführen. Wir von der CDU sehen uns hier in der Gewerbe- und Ansiedlungspolitik bestätigt“

Der vorliegende Haushaltsentwurf für das Jahr 2006 kann hingegen nur noch durch eine Entnahme in Höhe von 1,73 Mio. € aus der allgemeinen Rücklage ausgeglichen werden. Bereits im Jahr 2007 ist damit zu rechnen, dass die allgemeine Rücklage durch weitere notwendige Entnahmen unter das Maß der nach § 20 der Gemeindehaushaltsverordnung vorgeschriebenen allgemeinen Rücklage sinkt.
Auch wenn diese Entwicklung nicht zwangsläufig im Haushaltssicherungskonzept enden muss, gibt sie zumindest zu denken und unterstreicht die Notwendigkeit einer sparsamen und verantwortungsbewussten Haushaltsführung.


Nebenbei bemerkt: Gespart wurde in Geilenkirchen in den letzten Monaten weniger an den Ausgaben als an den Rats- und Ausschusssitzungen. Zwischen dem 14.12.2005 und dem 14.03.2006 fanden keinerlei Rats- oder Ausschusssitzungen statt. Unverständlich, zumal das monetäre Einsparpotential bei der Anzahl der Ratssitzungen nur äußerst gering ausfällt und diese Vorgehensweise zudem noch rechtlich bedenklich ist:
nach § 47 Absatz 1 der Gemeindeordnung soll nämlich wenigstens alle zwei Monate eine Ratssitzung stattfinden.
Noch Anfang Februar rechtfertigte Bürgermeister Borghorst dies damit, dass bis März keine unaufschiebbaren Entscheidungen anliegen würden. Doch plötzlich und unerwartet muss er dann wohl festgestellt haben, dass im Frühjahr der Rasen wieder zu wachsen beginnt. Da dem üppigen Wachstum mangels Auftragsvergabe zur Pflege der Grünanlagen nicht mit adäquaten Mitteln begegnet werden konnte und der Bürgermeister deswegen „erhebliche Nachteile oder Gefahren“ befürchtete, führte er die Auftragsvergabe dann am Rat vorbei im Wege einer Dringlichkeitsentscheidung herbei.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Borghorst: Solche Vorgehensweisen stören nachhaltig die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung!


Bereits Ende letzten Jahres wollte man es auch in anderer Angelegenheit nicht so genau mit der Befolgung von Gesetzen nehmen:
Bei der Kalkulation der Gebühren für die Straßenreinigung und den Winterdienst zogen es Verwaltung und CDU-Mehrheitsfraktion zunächst aus „Praktikabilitätsgründen“ vor, sich nicht an die Regelungen des Kommunalabgabengesetzes zu halten. Man sträubte sich gemeinsam gegen die nach Kommunalabgabengesetz vorgeschriebene Auflösung der Sonderrücklage „Straßenreinigung“. Erst auf Druck der BÜRGERLISTE hin zeigte man sich einsichtig und folgte schließlich unserem Antrag auf Auflösung der Rücklage und Senkung der Gebühr für die Straßenreinigung und den Winterdienst.

Im vorliegenden Haushaltsentwurf wurde entsprechend der damaligen Entscheidung die Sonderrücklage „Straßenreinigung“ komplett aufgelöst. 41.000 € fließen somit in diesem Jahr an die Geilenkirchener Bürger zurück.

Trotz der anfänglichen Abwehrhaltung scheint auch die CDU mittlerweile an der niedrigeren Gebühr für den Winterdienst und die Straßenreinigung Gefallen zu finden. Wie anders wäre es sonst zu erklären, dass Fraktionsvorsitzender Wolff stolz bei der Jahreshauptversammlung des CDU-Ortsverbandes Geilenkirchen verkünden lies, dass es – ich zitiere aus der Geilenkirchener Zeitung vom 21. Februar 2006 – „bei den Gebühren in 2006 für die Bürger fast beim Alten bleiben wird. Weniger Straßenreinigungskosten stehen höheren Müllgebühren gegenüber, was sich in etwa ausgleicht.“


Meine Damen und Herren,

lassen Sie mich zum Abschluss meiner Rede zu einem kurzen Fazit kommen:
An der Haushaltssatzung und dem Haushaltsplanentwurf ist vom Zahlenwerk und der haushaltstechnischen Anlage her keine Kritik zu üben. Hier hat die Verwaltung ihre Hausaufgaben gewissenhaft gemacht. Aus der politischen Richtungsbetrachtung heraus jedoch sieht die BÜRGERLISTE erhebliche Mängel. Wie bereits eingangs erwähnt, werden wichtige Betätigungsfelder des kommunalen Wirkens mit wesentlich zu wenig Mitteln versehen, während an anderer Stelle unnötig Geld verausgabt wird. Daher wird die BÜRGERLISTE dem Haushalt in diesem Jahr nicht zustimmen.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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